SOS von der 'Titanic' - Chronologie einer Tragödie


H4 Die Chronik der Katastrophe: 15.-20. April 1912

H4 Die Chronik der Katastrophe: 15.-20. April 1912zoomUnd Cyril F. Evens wird nicht mehr geweckt. Der Dritte Offizier, Groves, der gern in die Funkbude zu Besuch kommt, hat sich zwar auf der Suche nach etwas Interessantem die Kopfhörer aufgesetzt, weiß aber nicht, daß man den Magnetdetektor der Station wie ein Uhrwerk aufziehen muss; deshalb hört er überhaupt keine Signale. Auf der "Californian" sieht man immerhin die Leuchtraketen, die die "Titanic" abfeuert, misst dem aber keine Bedeutung zu: Vielleicht soll das eine Art Feuerwerk sein, denn es sind weiße Signallichter. Die als Notsignal dienenden roten Lichter hat die "Titanic", als unsinkbares Schiff, gar nicht erst an Bord. Außerdem hält Kapitän Stanley Lord das Schiff, voraus in der Dunkelheit, für einen gewöhnlichen Frachter. Die "Titanic" hatte nämlich eine ungenaue Positionsmeldung abgegeben. Ein Rätsel, das bis heute nicht geklärt ist: Lag dort vielleicht ein anderes Schiff? - Dann wäre verständlich, warum der Kapitän der "Californian" nicht glauben wollte, die "Titanic" vor sich zu haben – und warum er ihr nicht zur Hilfe eilte.

Der erste, der den Notruf aufnahm, war ein 25jähriger Funkamateur auf dem Festland: Arthur "Artie" Moore, MNX, aus Gelligroes Mill in Pontilanfraith. Er meldete seine Beobachtung bei der nächsten Polizeitstation, wo ihm aber kein Gehör geschenkt wurde. Mehr dazu: linkext. Link

00 Uhr 26: Aus dem Bericht von Harold Bride: "Dann erreichten wir endlich ein Schiff. Es war die 'Frankfurt', und wir gaben ihr unsere Position durch und funkten, dass wir einen Eisberg gerammt hatten und Hilfe brauchten. Der Spaß verging uns erst, als wir merkten, daß die 'Titanic' tatsächlich zu sinken begann. Zum Glück erreichte Phillips jetzt ein zweites Schiff, das uns zur Hilfe eilen konnte, die 'Carpathia'."
Die "Carpathia" ist ein Schiff der "Cunard Lines", unter dem Kommando von Arthur Rostron. Position: 58 Meilen südöstlich der "Titanic".
"Phillips sagte, ich solle den Käptn verständigen und als ich rausging, sah ich, daß in den Gängen ein schreckliches Gedränge und große Unruhe herrschte. Ich erstattete Meldung über unseren Kontakt mit der 'Carpathia' und kämpfte mich zurück in den wireless room. Phillips sagte: 'Zieh dir was Warmes an!' Ich merkte jetzt erst, daß ich immer noch so rumlief, wie ich aus der Koje geklettert war. Ich zog mich also in unserer Kabine um und brachte Phillips einen warmen Mantel mit. Er funkte ohne Unterbrechung weiter, während ich ihm den Mantel umhängte."

00 Uhr 25: Smith gibt die Order: Frauen und Kinder in die Rettungsboote. Die 20 Rettungsboote bieten theoretisch 1178 Personen Platz, zwar 422 mehr als gesetzlich vorgeschrieben, ausreichend aber nur für die Hälfte der Menschen an Bord.
Die meisten Boote legten nur halb besetzt ab. Die Offiziere fürchteten, dass die Boote der Belastung nicht standhielten. So wurden von 1178 Rettungsbootplätzen nur 705 besetzt – 480 weitere Passagiere hätten gerettet werden können. Als offensichtlich wurde, dass das Schiff bald sinken würde und nur noch wenige Rettungsboote übrig blieben, brach Panik aus. Von den zum Schluss besetzten Booten wurden einige mit bis zu 70 Menschen überladen. Für die 2.224 Personen an Bord gibt es nur 1.178 Plätze in Rettungbooten.
CQD CQD MGY Benötigen raschest Hilfe. Position 41 46 Nord 50 14 West.
CQD CQD MGY Wir sinken Bug voran. 41 46 Nord 50 14 West Kommt raschestmöglich

"Alle paar Minuten schickte mich Phillips zum Käptn, Meldung erstatten. Als ich zum vierten oder fünften Mal zurückkam, fiel mir auf, daß man Frauen und Kinder in die Rettungsboote schickte. Phillips sagte: 'Unsere Signale werden schwächer.' – Wie zur Bestätigung kam der Käptn vorbei und sagte, der Maschinenraum nehme Wasser auf, und die Dynamos würden wohl nicht mehr lang Kraft abgeben. Wir sollten das der 'Carpathia" melden."
MGY an MKC, Olympic: Frauen und Kinder in den Booten. Können nicht mehr lang durchhalten.
MGY an MBC, Baltic: Maschinenraum unter Wasser.
MGY an MKC: Maschinenraum zur Gänze überflutet.


001 Uhr 45. Das Herablassen der Boote war nie geübt worden. Erst jetzt wird das erste Boot zu Wasser gebracht. (Die meisten Boote legten nur halb besetzt ab, von 1178 Plätzen werden nur 705 besetzt. Erst die letzten Boote werden überladen - mit bis zu 70 Passagieren. Zwei Boote blieben unbesetzt an Bord zurück.)

O1 Uhr 35: "Jetzt hatte Phillips Kontakt mit der 'Olympic' aufgenommen. Er funkte, die Lage sei ernst, und ich legte ihm währenddessen seine Schwimmweste an. Dann fragte ich ihn: 'Soll ich dir nicht besser deine Stiefel holen?' Er lachte nur und sagte: 'Hilf lieber denen draußen!' – Das Wasser schwappte mittlerweile über das Bootsdeck. Ich sah, wie zwölf Leute sich abmühten, ein Rettungsfloß klar zu machen. Ich half ihnen. Erst als sie ablegten, merkte ich, dass dies das allerletzte Rettungsfloß an Bord gewesen war."

02 Uhr 05: Noch befinden sich auf dem Schiff mehr als 1.500 Personen. Das Wasser reicht bis zehn Fuß unter das Promenadedeck. Die Schräglage des Schiffes nimmt zu.
"Ich ging also zurück zu Phillips. Und kam gerade zurecht, wie der Käptn sagte: 'Leute, ihr habt eure Pflicht erfüllt. Mehr konntet ihr nicht tun. Ich entbinde euch aller weiteren Verpflichtungen. Das ist das einzige, was man in einer solchen Situation noch tun kann. Von nun an muß jeder für sich selbst sorgen.' – Schon war das Bootsdeck unter Wasser. Phillips sendete weiter, noch zehn oder fünfzehn Minuten lang, dann gings einfach nicht mehr. Wir hatten zu viel Wasser im Raum."

02 Uhr 15: Insgesamt hatten mehrere Schiffe geantwortete Die "Olympic" (925 km entfernt), die "Baltic" (450 km), die "Virginian" (310 km), die "Frankfurt" (280 km), die "Birma" (130 km), die "Mount Temple" (90 km), die "Parisian" (93 km) - und die "Carpathia" (107 km). Auch die Küstenstation Cape Race (700 km) empfing die Signale.
Das letzte Schiff, das eine verstümmelt Meldung der "Titanic" aufnimmt, ist die "Virginian", MGN.
Bride: "Wir gingen raus und Phillips lief nach achtern, und das war das letztemal, daß ich ihn lebend sah."
02 Uhr 17 - 02 Uhr 20: Der Rumpf kann den Kräften nicht mehr standhalten und zerbricht zwischen dem dritten und vierten Schornstein. Der schon unter Wasser liegende Bug geht unauffällig unter und nimmt Hunderte Passagiere mit in die nasse Flut während sich das Heck steil aufrichtet und schließlich gegen 2 Uhr 20 Uhr versinkt.

Harold Bride wird von einer Welle von Bord gespült, treibt auf dem Meer, wird vom Rettungsboot B entdeckt und aufgefischt. Gegen fünf Uhr früh werden er und die anderen 27 im Boot von der "Carpathia" gerettet – als einer der nur 705 Überlebenden. Er beendet seine Tätigkeit als Schiffsfunker kurz nach dem Ersten Weltkrieg, zieht sich in die Anonymität zurück und stirbt 1956 in Schottland.
Jack Phillips stirbt an Unterkühlung; entweder – die Berichte weichen hier voneinander ab – ebenfalls im Rettungsboot B oder in dessen unmittelbarer Nähe.

Zitat aus dem "Daily Mirror" vom 19. April 2012 ("Statement dictated by Harold Bride from the Radio Room of the "Carpathia"):
"...I came back and heard Phillips giving the 'Carpathia' fuller directions. I noticed the list forward was increasing, and Phillips told me the wireless was growing weaker. I went out on deck and looked around. The water was close up to the boat deck. There was a great scramble aft, and how poor Phillips worked through it I don't know. He was a brave man. I learned to love him that night, for I suddenly felt for him a great reverence, seeing him standing there sticking to his work while everybody else was raging about. I will never forget the work of Phillips in that last awful fifteen minutes..." (Bride went to get Phillip's money for him. When he returned he saw somebody leaning over Phillips taking off his life jacket.) "I hate to tell about it. He was a bis man and I am very small. I don't know what I got hold of. I remembered the way Phillips had clung on. I did my duty - I hope I finished him."



Download [1.0 MB]'SOS - CQD - DE MGY' - Simulation des Notrufs [MP3 , 1.0 MB]

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