zoomMan riet uns, Lebensmittel für ein bis zwei Tage mitzunehmen. Wir packten für uns fünf eine große Stofftasche mit etwas Brot, Käse und Früchten, einem Messer, einer Gabel und einer Löffel. Ich erinnere mich, dass es Nacht war und meine Mutter ihren Schmuck in einen kleinen Lederbeutel legte. Als ich an der Schnur zog, um den Beutel zu verschließen, stach die Nadel einer großen Brosche durch die Öffnung. Ich war damals gerade einmal elf Jahre alt. Meine Mutter schnappte sich den Beutel und meinte, ich würde mich verletzen –. Sie sah sich im Schlafzimmer um, lüftete eine Ecke der Matratze ihres Bettes und versteckte den Beutel darunter. Wir verließen das Haus in Eile - und kehrten nie mehr zurück.
Wir und viele andere Familien verbrachten eine Nacht auf dem Handelsschiff, auf welchem es keine Schlafmöglichkeiten gab. Am nächsten Morgen wurden wir auf das Lazarettschiff Maine gebracht. Den ganzen Tag lang beobachteten wir Gefechte zwischen türkischen und griechischen Truppen an der Seeseite der Stadt, und am Abend brachen überall Feuer aus. Mitten in der Nacht, als wir schliefen, lief das Lazarettschiff mit unbekanntem Ziel aus. Nach zwei oder drei Tagen erreichten wir Malta, wo viele von uns die nächsten vier Jahre blieben.
In Malta erwachte mein Interesse an der drahtlosen Telegraphie. Wir waren in einem Gebiet mit vielen Militärangehörigen untergebracht. In der Nähe befand sich eine Sendestation, die leuchtende grün-blaue Funken und knallende Überschläge produzierte. Die Antennen wurden von drei sehr hohen Holzmasten getragen, die in grellem Gelb gestrichen waren. Ich fand bald heraus, dass es sich um GYZ handelte, einen Sender der britischen Admiralität. Malta war damals (1922) in der „guten alten Zeit“, in der England noch ein Empire hatte. eine bedeutende britische Marinebasis.
Ich kaufte mir ein paar elektronische Teile und baute daraus einen kleinen Empfänger. Da ich aber so nahe an dem mächtigen Funkensender wohnte, hörte ich nichts als nur diesen.
1926, als ich die Schule verließ, zog meine Familie nach Griechenland, und mein sieben Jahre älterer Bruder eröffnete eine Schiffsagentur auf der Insel Mitylene in der Ägäis. Mein Vater und Großvater waren in diesem Metier in der Türkei tätig gewesen.
In Mitylene baute ich meinen ersten Kurzwellenempfänger. Er bestand aus drei Röhren mit 4 Volt Heizspannung, geheizt von Akkus. Die Hochspannung von 130V erzeugte ich mit in Serie geschalteten Akkus. Da ich nicht gelernt hatte, ein Ladegerät zu bauen, musste ich die Akkus regelmäßig zum Aufladen zur nahe gelegenen Garage bringen.
Außer den kommerziellen Telegraphenstationen war wenig zu hören. Noch hatte ich nichts von Radioamateuren gehört. Die BBC führte von Chelmsford Testsendungen mit dem Rufzeichen G5SW aus, dem Vorläufer des Empire Service (jetzt World Service. Daneben gab es G6RX, Rugby Experimental, betrieben von der britischen Post. Sie experimentierten mit Telephonie von Schiff zu Land, und wenn eine Verbindung zustande kam, war es üblich, dass das Bedienpersonal die Anweisung gab „over to condition A“ (und manchmal B), was sehr frustrierend war, da die Stimmen dann verschlüsselt und unverständlich waren. Als ich sechs Jahre später zu senden begann – ich hatte mittlerweile den Amateurfunk entdeckt – wählte ich das Rufzeichen RX, nachdem ich so lange ein Hörer von G6RX gewesen und mir dies in lieber Erinnerung geblieben war.
1930 zog ich nach Athen und handelte mit RCA-Radios. In dieser Zeit traf ich auf Bill Tavaniotis, SV1KE, und seinen Mechaniker Pol, SV1AZ (jetzt N2DOE). Keiner von uns hatte eine offizielle Lizenz, da der griechische Staat den Amateurfunk nicht anerkannte, ja, Athen hatte bis 1938 noch nicht einmal eine eigene Rundfunkstation, während bereits seit 1928 eine Station in Saloniki, der zweitgrößten Stadt Griechenlands, in Betrieb war. Aber, wie bereits wiederholt erwähnt, wusste der Leiter des Funkwesen im griechischen Post-und Telegraphenministerium (griechische Initialen TTT), Herr Stefanos Eleftheriou, über uns Bescheid und gab seinen inoffiziellen Segen.
Mein erster Sender war nichts weiter als ein Elektronen-gekoppelter Oszillator mit einer Typ 59-Ausgangs-Pentode aus einem Radio. Mit einer Eingangsleistung von 5W gelang mir an einem aufregenden Nachmittag binnen 25 Minuten das Worked All Continents, WAC, auf 14MHz. Es waren wenige Stationen aktiv, und auf nur einer Frequenz zu arbeiten, war damals noch unbekannt. Wir befanden uns in der Mitte eines Sonnenfleckenzyklus (worüber ich damals nichts wusste), und die Ausbreitungsbedingungen müssen außergewöhnlich gut gewesen sein.
Ein anderes Phänomen, von dem wir in diesen unschuldigen Tagen noch nichts gehört hatten, war das Stehwellenverhältnis. Ich hatte ein Hitzdrahtamperemeter und stimmte immer nach maximaler Anzeige ab, ohne zu berücksichtigen, dass ein Großteil des angezeigten Wertes reflektierte Leistung war. (Ein Hitzdrahtamperemeter dient zur Anzeige von Strömen, indem es diese in einen der Stromstärke entsprechenden Zeigerausschlag umwandelt. Der zu messende Strom fließt durch einen Hitzedraht, der sich beim Stromdurchgang erwärmt. Hierdurch dehnt sich dieser Draht aus. Ein am Draht befestigter Faden wird entsprechend der Dehnung von einer Feder über eine Rolle gezogen, die auf der Zeigerachse sitzt. Die Drehung der Rolle bringt daher den Zeiger zum Ausschlag. Nach Abschalten des Stroms kühlt sich der Draht wieder ab und zieht den Zeiger in die Nullstellung zurück. Anm.d.Ü.) Ich gewann höhere Leistung erst, als ich eine 210er-Röhre als Leistungsverstärker einsetzte.
Offensichtlich war der Präfix SV selten und SV-Stationen daher sehr gesucht, besonders die Handvoll, die CW verwendeten. Aber es war „Nicht gar so lustig“, eine seltene DX-Station zu sein, wie ich später, in der Oktoberausgabe 1948 im Short Wave Magazine, beschrieb.(s. Abbildung)
Die meisten Amateure verwendeten vor dem Zweiten Weltkrieg feste Quarzoszillatoren, um ein sauberes Signal ohne Drift zu erzeugen. Es war ein normaler Vorgang, CQ auf der eigenen Quarzfrequenz zu rufen, z.B. auf 14.076 kHz, und dann das Band von 14.000 KHz aufwärts nach Antworten durchzukämmen. In dieser Zeit reichte das 20-Meter-Band von 14.000 bis 14.400 kHz, und das 15- Meter- Band war für Amateure noch nicht frei gegeben.
Im September 1939 marschierte Hitler in Polen ein, und wir alle zerlegten freiwillig unsere Sender und räumten die Bauteile weg, um keinen Vorwand für ein Sendeverbot zu liefern.
Ende April 1941 marschierten die deutschen Truppen um 11 Uhr in die nördlichen Vororte von Athen ein. Um 3 Uhr Nachmittags des selben Tages erschien eine starke Gruppe der Gestapo im südlichen Vorort Kallithea und umstellte den Wohnblock, in dem sich mein Haus befand, brach es auf und suchte mich und meinen Sender. Natürlich hatte ich alles bereits 19 Monate zuvor auseinander genommen und auch die Antenne entfernt. Wie aber war es möglich, mich nach einer so langen Sendepause gezielt auszuforschen? Nun, vier Jahre vorher hatte ich im DASD-DX-Contest 1937 den ersten Preis für Griechenland gewonnen und vom Verband eine schöne Urkunde in Form einer Postkarte erhalten. Man möge aus diesem Zusammenhang die eigenen Schlüsse ziehen. Zum Glück war ich einige Tage zuvor mit einer Gruppe der englischen Botschaft nach Ägypten gegangen und erfuhr erst später, dass die Gestapo alle aktiven Funkamateure aufgesucht hatte, jedoch nur einen von ihnen verhaften konnte, Nasos Coucoulis, SV1SM (später SV1AC). Er wurde für fast ein Jahr in einem Konzentrationslager in Italien interniert.


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