Politische Verfolgung und Rehabilitierung

Politische Verfolgung und RehabilitierungzoomHier ist ein Auszug aus seinem Bericht:

"Im Sommer 1956 kehrte RAEM nach achtjähriger Unterbrechung zum Amateurfunk zurück. Vater war da 53, und ich war 16. Ich erinnere mich gut an den Tag, an dem er den Sender einschaltete und zum erstenmal wieder CQ rief. Die Ausstattung des Funkplatzes auf der Veranda unseres Landhauses war typisch für seine konservative Grundhaltung: Ein Wecker und die Taste waren an den Tisch geschraubt, als Antenne genügte ein Langdraht - ein sehr bescheidener Langdraht. Vater blieb sein Leben lang ein CW-Mann. Auf Phonie reagierte er kühl, da konnte niemand seine Meinung ändern. Er konnte bis tief in die Nacht an der Station bleiben, aber er liebte es nicht, die Dinge zu überstürzen und von einem QSO zum nächsten zu hasten. Wenn ein Contest lief, vor allem an den Wochenenden, schaltete er gar nicht erst ein. Er stellte seine QSLs mit Sorgfalt aus und war ein verlässlicher Briefpartner.
Das Jahr 1948 werden wir nicht so schnell aus der Erinnerung verlieren. Es war das Jahr unseres Kampfes mit dem Vorwurf des 'Kosmopolitentums'. Vater wurde aufgrund einer persönlichen Anordnung des Sekretärs des ZK der Partei, G. M. Malenkov, aus dem Zentralen Radioklub der UdSSR ausgeschlossen, dessen Vorsitzender er gewesen war, und man enthob ihn von seinem Posten als Leiter der Polarstationen der Nördlichen Seerouten-Administration (NSRA). Zugleich wurde ihm jegliche Funktätigkeit untersagt. Das war ein schrecklicher Schlag für ihn, weil ihm plötzlich alle Arbeit genommen wurde, die sein Lebensinhalt war. Es muss gesagt werden, dass alle vier Papanins von der Verfolgung betroffen wurden. I. D. Papanin wurde aus der NSRA entlassen, P. P. Shirshow verlor sein Amt als Marineminister und E. K. Fedorow jenes als Leiter des Hydrometeorologischen Dienstes der Roten Armee. Um die Familie erhalten zu können, hielt Vater Vorträge für die "Gesellschaft des Wissens". Nach drei entwürdigenden Jahren wurde er dank der Hilfe von A. N. Bulganin 1951 Laborleiter der Automatischen Radiometeorologischen Station - das war in Wirklichkeit nur eine kleine Radiobude."

Die Rehabilitierung Krenkels erfolgte erst - und inoffiziell - drei Jahre nach Stalins Tod. 1969 ernannte man Krenkel schließlich zum Direktor des Instituts für Hydrometeorologische Industrie, für das er bis zu seinem Tode tätig war. Nach der Zwangspause konnte Krenkel auch wieder für sein geliebtes Hobby tätig werden. Als Präsident der Radiosport-Förderation der UdSSR vertrat er sein Land bei der IARU. Mitte November 1968 ging er noch einmal auf große Fahrt, diesmal in entgegengesetzte Richtung: er leitete eine sowjetische Antarktis-Expedition auf dem Forschungsschiff "Professor Zubow" - und meldete sich, selbstredend, als RAEM/MM.
Ernst Krenkel starb im Dezember 1971, 16 Tage vor seinem 68. Geburtstag. Sein Grabstein auf dem Friedhof von Novodewichy ist ein Granitblock in Form der Buchstaben RAEM

PS: Fundstelle (ZEIT, #18/2012, 26.04., S67): "Die Frauen, die über Moskaus Wohnungsmuseen wachen... nennt der russische Volksmund Museums-Babuschka, Großmütterchen. In Ljudmillas Fall jedoch" (Betreuerin des Wohnmuseums von Swjatoslaw Richter) "klingt die Bezeichnung wie eine Beleidigung. Ljudmilla Ernestowna Krenkel, Tochter eines berühmten Polarforschers, ist studierte Pianistin und war früher eine bekannte Radiojournalistin."



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