Rundfunk in Afghanistan


1925-1945: Zwei Jahrzehnte Aufbauarbeit

Die Hauptstraße vom Khyberpass nach Kabul führt durch Yakakut, eine Vorstadt etwa fünf Kilometer südlich von Kabul. Dort wurde vier Jahre später, 1933, im Obergeschoß eines Neubaus ein Mittelwellensender von Siemens Deutschland untergebracht.
Kurz nach Ausbruch des 2. Weltkriegs erhielt die Firma Telefunken den Auftrag, einen zuvor für das Königlich Afghanische Postministerium gelieferten Mittelwellensender zu montieren und in Betrieb zu nehmen. Als Standort war wieder Yakut vorgesehen. Der Sender mit einer Trägerwellenleistung von 20kW und einem Wellenbereich von 260-480m war der erste effiziente Rundfunksender des Landes.
Für die Einführung von Rundfunk in Afghanistan waren wohl vorwiegend politisch-propagandistische Gesichtspunkte maßgebend gewesen: Bei der großen Ausdehnung des Landes - etwa 650.000 Quadratkilometer - konnten der Bevölkerung von rund 7 Millionen Einwohnern nur durch das Radio wichtige Nachrichten und Anordnungen der Regierung sicher und schnell mitgeteilt werden. Daneben hatte der Rundfunk die Aufgabe, Ratschläge in der Viehzucht, der Landwirtschaft u.dgl. zu übermitteln. In den Wintermonaten waren manche Gebiete oft monatelang von der Außenwelt abgeschnitten, da fand das Unterhaltungsprogramm eine dankbare und zufriedene Hörerschaft. Dazu kam, dass die Analphabetenrate sehr hoch war und dem gesprochenen Wort dem entsprechend große Bedeutung zukam.
Der Sender befand sich, einschließlich des Montagematerials und der Antennentürme bereits seit dem Sommer 1939 vor Ort. Infolge des seitdem ausgebrochenen Krieges war der übliche Reiseweg über Indien für das deutsche Montagepersonal gesperrt. Die Reise musste daher über Nordafghanistan erfolgen, somit quer über das 4.000m hohe Hindukusch-Gebirge. Da es keine Eisenbahnen gab, mussten alle Werkzeuge und Geräte als Kamellasten verpackt werden. Nach langen Vorbereitungen und beschwerlicher Reise traf der Montageleiter aus Deutschland im Dezember 1939 in Kabul ein.
Mit dem Aufbau des Senders wurde im Januar 1940 begonnen. Das Stationsgebäude war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal im Rohbau fertig, und für die Aufstellung der beiden 100m hohen frei stehenden Antennentürme fehlte ausgebildetes und schwindelfreies Personal. Anfang August 1940 war die Montage jedoch beendet. Dem Wunsch der Regierung entsprechend, konnte die Station am 23. August, dem Beginn des großen Freiheitsfestes, den Betrieb aufnehmen: Um 7 Uhr 30 am Morgen mit einer Ansprache von König Nodir Chan.
Da die Ausbreitungsbedingungen noch nicht bekannt waren, testete man auf 372 und 248m, entschied sich dann aber für 445m, womit der beste Empfang erzielt wurde - im Norden bis Taschkent, im Osten bis Delhi und Kalkutta, im Südosten bis Karachi, im Westen bis Teheran. Anfangs gab es etwa 1.000 Empfänger, davon 95 Prozent in Kabul, der einzigen Stadt mit elektrischer Stromversorgung. Das Postministerium verteilte zunächst fünfhundert Detektorgeräte zum verbilligten Preis. Sie waren jedoch nur in der Region rund um Kabul brauchbar. Um dennoch auch der Landbevölkerung das Radio zugänglich zu machen, wurden vom Postministeriumm an zwanzig Orten Gemeinschafts-Empfangsanlagen mit Versorgung über ein Benzin-Aggregat aufgestellt.
Die beiden Studios befanden sich in Kabul und waren über ein 5,5km langes Kabel mit dem Sender verbunden. Da die Stromversorgung nicht konstant war, setzte man beim Studio Benzinaggregate ein, beim Sender Dieselaggregate. Der Rundfunkdienst des Postministeriums stand unter der Leitung des Generaldirektors Attaula Chan.


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