Amateurfunkgeschichte Deutschland, Folgen 34 und 35


1956: "TKX antwortet nicht"

zoomUnd damit ist endlich nach langen verzweifelten Versuchen eine Verbindung zwischen dem Kurzwellenfunkgerät an Bord des Fischdampfers ‚Maria Sörensen’ und einem Amateurfunker an der westafrikanischen Küste zustandegekommen, der über eine Zwischenstation im Golf von Neapel und einen Amateur in Paris die Verbindung mit dem verantwortlichen Arzt des Institute Pasteur herstellt. Die atemberaubende Handlung rollt zwischen dem Eismeer, Afrika, Neapel, Paris, Braunschweig und Berlin ab, Sie ist ein Kaleidoskop menschlicher Konflikte und Leidenschaften, aber sie zeigt auch gleichzeitig die uneigennützige Liebe von Mensch zu Mensch.“ [6]
Das Buch ist ein billiger Reißer, und ohne jegliche Sachkenntnis See- und Amateurfunk so darzustellen, wie dies hier geschieht, wäre heutzutage unmöglich. Kleine Leseprobe:
Der junge Schwarze Etienne Loiseau sitzt im Dorf Zobra in Belgisch-Kongo vor seiner Hütte und spielt mit dem Funkempfänger, den ein Missionar ihm überlassen hat. So empfängt er den Hilferuf von TKX, beantworten kann ihn aber nur der belgische Ingenieur Gilles Lalande von der benachbarten Mine in Tituie. „Er hört ärgerlich den Erklärungen Etiennes zu. Ja, er besitzt einen Sender. Er benützt ihn fast nie. … Er fährt sich mit der feuchten Hand über die Stirn, die von Schweiß trieft. Dann geht er … den Apparat aus dem Schuppen zu holen, in den er ihn geräumt hatte. Sie bringen ihn auf die Terrasse. Etienne hilft ihn aufstellen. Lalande setzt sich vor das Gerät und dreht an den Knöpfen. … Langsam, langsam werden die Töne klarer. Eine Woge von Jazzmusik erfüllt die Nacht. … Lalande sucht einen anderen Sender. Jetzt kommt ein Chanson von Monsieur Chevalier zu ihnen … Dann … wieder Musik, Nachrichten auf spanisch, das Näseln einer amerikanischen Stimme, alles gemischt mit Knacken und Krachen. Lalande sucht weiter. Und plötzlich wiederholt mit erstaunlicher Klarheit die Stimme, die Etienne schon gehört hat: ‚Hallo, hier TKX TKX. An alle Stationen. Hören Sie mich? Ich gehe auf Empfang.’ Lalande hat sich aufgerichtet und schaltet den Sender ein: ‚Ich rufe TKX TKY TKX. Hier TRZ.’“[7]
So einfach geht das. Und Domenico d’Angelantonio, der über sein illegales Funkgerät mit den Schmugglern kommuniziert, ist der nächste in der Stafette. Leider ist ihm die Funküberwachung auf der Spur. Im Peilwagen sitzt Kommissar Ippolito und lauscht: „Erst von ganz fern wird das Ticken der Morsezeichen deutlicher und gewinnt allmählich wieder die Überhand. Dieses Ticken verwandelt sich in eine Kurve, die sich über den Richtklipps auf der Registriereinrichtung in einem Suchwagen der Polizei abzeichnet. … ‚Diesmal haben wir den Geheimsender!’ sagt der Funker.“ [8]
Jetzt sind es auf einmal Morsezeichen, macht nichts. In Paris sitzt der blinde Funkamateur Paul Corbier und nimmt die Nachricht der italienischen Station „IRP 45“ auf und ruft den Arzt Dr. Mercier herbei.
„’Würden Sie bitte die Kennziffer im Call Book nachschlagen? … Das Call Book ist so etwas ähnliches wie ein Telephonbuch. Es enthält die Namen aller registrierten Radioamateure in der ganzen Welt. IRP 45 steht nicht darin. Nach IRP40 kommt sofort IRP62.“ [9]
Und so weiter. Schwerer Tobak mit Ende gut, alles gut. Dieser Stoff dient einer französischen Produktionsgesellschaft 1956 als Vorlage für den Film. [10] Am Drehbuch ist auch der Romanautor beteiligt, Regisseur ist Christian-Jaque [d.i. Christian Maudet (1904-1994), u.a.: „Fanfan, der Husar" (1952), „Babette zieht in den Krieg" (1959). Ehren-César für sein Lebenswerk (1985)].
Aus dem schwedischen Dampfer wird der bretonischen Fischkutter „Lutèce“, auf dem in der stürmischen Nordsee, zwei Tagesfahrten westlich der norwegischen Küste, plötzlich ein Mann nach dem anderen von einer geheimnisvollen Krankheit mit hohem Fieber, Sehstörungen und Lähmungserscheinungen befallen wird, bis das Schiff manövrierunfähig ist. Mohammed, der arabische Heizer mit dem bösen Blick (Doudou Babet) wird verdächtigt, das Unheil über das Schiff gebracht zu haben. Er ist aber auch der einzige der nicht erkrankt, weil er als Muslim nicht von dem Schinken gegessen hat. Auf einen ausgesendeten Notruf der Lutéce kommt keine Antwort, die Sendeanlage ist beschädigt. Der Kurzwellensender des Kapitäns ist die letzte Hoffnung. Ein Amateurfunker im Urwald von Togo fängt schließlich den Hilferuf auf und kann einen Arzt alarmieren, der aus den übermittelten Symptomen eine Fleischvergiftung diagnostiziert. Nur wenn die Fischer innerhalb von 12 Stunden ein Impfstoff aus dem Pariser Pasteur-Institut erhalten, sind sie zu retten. Nun beginnt ein Wettlauf gegen die Uhr: Den Ruf aus Togo fängt ein Amateur in Paris auf. Dieser und eine Arztwitwe beschaffen den Impfstoff. Doch noch sind diverse Hindernisse zu bewältigen: Das Flugzeug nach München fliegt ohne den Impfstoff ab. Dort wartet ein kriegsblinder Funkamateur (Mathias Wieman) vergeblich auf dem Flugplatz. Eine polnische Stewardess ist schließlich bereit, das Päckchen illegal mit nach Ost-Berlin zu nehmen. Der Münchner Amateur nimmt Verbindung zu einer amerikanischen Flugdienststelle in Westberlin auf. Nachts wagt sich ein amerikanischer Sergeant durch das Brandenburger Tor und nimmt das Medikament in Empfang. Auf dem Rückweg wird er verhaftet. Aber der russische Offizier, der ihn verhört, hat ein Einsehen und besorgt ein Sonderflugzeug. Eine russische Maschine bringt dann das Serum nach Kopenhagen, eine französische von dort nach Oslo und eine norwegische wirft das Päckchen mit einem Fallschirm über den französischen Fischern ab. Mohammed, der noch einzig Gesunde, der seine Kameraden, die ganze Zeit über aufopfernd gepflegt hat, springt todesmutig in das kalte Wasser und bringt die Ampullen an Bord der „Lutéce“. Als die Mannschaft wenige Tage später ihren Heimathafen erreicht, verfolgen zahlreiche namenlosen Helfer und Radioamateure an ihren Geräten die Rundfunkübertragung ihrer Ankunft.
Bekannt wurde „TKX antwortet nicht“ bei Cineasten vor allem, weil hier Jean-Louis Trintignant sein Filmdebut gab. [11]
Die deutschen Funkamateure freuen sich über diese Propaganda für das Hobby, wenngleich sie beschönigend registrieren: „Manche Dinge sind technische etwas schief dargestellt, aber das mögen die künstlerischen Ausdrucksmittel der Filmkunst so fordern.“ [12]
Zur Premiere zeigten die Funkamateure die Klubfunkstelle DL0BG (letztes Bild unten rechts)



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