Amateurfunk-Geschichte Deutschland, Folgen 39-41


1970-1971: Das 'AfuZ' entsteht

1970-1971: Das 'AfuZ' entstehtzoomDer Widerstand einzelner Funkfreunde, Funktionäre und Ortsverbände entzündet sich sofort, wenngleich er von der veröffentlichten Meinung ausschließlich positiver Reaktionen übertroffen wird. Die Gerüchteküche brodelt, und der „Sonderbeauftragte“ sieht sich bald zu den ersten Dementis veranlasst: „Es ist unrichtig, wenn Gegner des Projektes behaupten, der DARC wolle 1 Million Mark und mehr ‚verbauen’; es ist unrichtig zu verbreiten, der DARC soll auf Jahrzehnte hinaus hoffnungslos verschuldet werden. … Der DARC will in Baunatal keinen ‚Palast’ errichten, sondern sich ein Amateurfunk-Zentrum schaffen, welches später einmal zu einem Treffpunkt von Funkamateuren des In- und Auslandes werden soll. … Wir wollen unsere Verwaltung nicht vergrößern, sondern versuchen durch geschickte Rationalisierung Arbeitskräfte und damit erhebliche Kosten einzusparen.“[12]
Am 21. und 22. März 1970 tagt das Preisgericht des Architektenwettbewerbs. Aus den eingereichten anonymisierten acht Entwürfen vergibt die Jury den 1. Preis (10.000 DM einschließlich Ankauf) an (den Funkfreund ohne Rufzeichen) Rudolf Stöhr aus Frankfurt/Main, den 2. Preis (3.000 DM) an Dr. Johann Meyer, DK1WJ, aus Velbert. Beim preisgekrönten Entwurf, für den sich zunächst nur geringe Änderungswünsche ergeben, „handelt es sich um einen geschlossenen Atriumbau mit aufgelockerten Fassaden. Das Dach der Lehrsäle sowie die Rundspruchstation heben sich über das allgemeine Dachniveau hinaus. Die Hausmeisterwohnung liegt an der linken vorderen Ecke des Gebäudes unmittelbar neben dem Haupteingang, wodurch eine gute Beobachtung des Vorgeländes möglich ist. Der Verwaltungsbereich und der Schulungsbereich haben bei direkter Erschließung von außen günstige innere Verbindungen. … Vor dem Gebäude ist genügend Freiraum für Parkflächen und Grünzonen vorhanden. … Die An- und Auslieferung der QSL-Karten findet an einer Rampe der Expedition statt. … Die vorgesehene Halle bietet genügend Raum zur Aufstellung von Vitrinen mit Geräten aus der Anfangszeit des Amateurfunks.“[13]
Die Clubversammlung tagt am 23. und 24. Mai 1970 in Kassel und macht den Architektenentwurf zur Grundlage der Bauausschreibung. Die zur Finanzierung benötigten Fremdmittel werden auf 216.000 DM begrenzt, so dass das Projekt weitgehend mit Eigenmitteln durchgeführt wird. Mit dem Bau soll aber erst begonnen werden, wenn diese Eigenmittel angesammelt sind. 42.000 DM werden als Rückstellung aus dem Haushaltsplan für 1970 vorgesehen. Als eine weitere Möglichkeit der Vorleistung kann der Mitgliedsbeitrag auf zehn Jahre im voraus bezahlt werden.[14] Ab Weihnachten 1970 sind die beiden Sonderrufzeichen DB0AFZ und DF0AFZ mit dem Sonder-DOK AFZ in der Luft; es gibt eine Tombola „Für fünf Mark sind Sie dabei“. Monatlich veröffentlicht die Zeitschrift den Stand der Spendeneingänge.
Zum Jahresende 1970 zieht Präsident Karl Schultheiß, DL1QK, Bilanz und bestätigt ungewollt nun doch die kursierenden Gerüchte: „Die Kosten für ein ausreichendes eigenes Gebäude betragen rund 1 Million. … Es fehlen also noch 400.000DM. Davon wollen wir 200.000DM für hohe Zinsen borgen, wenn es nötig ist. Die restlichen 200.000DM wollen wir noch gemeinsam aufbringen.“[15] Der Vorstand gerät allmählich unter Zeitdruck: Die Stadt Baunatal hat einen Zuschuss von 50.000DM zugesagt, sofern mit dem Bau noch 1971 begonnen wird. Das VW-Werk stellt in diesem Fall kostenlos einen werkseigenen Architekten für die örtliche Bauführung zur Verfügung. Der Personalausschuss stellt bei der Clubversammlung am 14. und 15. November 1970 in Göttingen den Personalbedarf für das AfuZ mit zwölf voll angestellten Kräften einschließlich eines Hausmeisters fest.[16]
Die Würfel fallen am 3. April 1971 in einer außerordentlichen Clubversammlung in Essen. Einziger Punkt der Tagesordnung: Baunatal. „Das letzte Jahr brachte eine geradezu explosionsartige Kostensteigerung auf dem Bausektor. Dadurch ergaben sich ganz neue Werte, und die Endsumme … von etwas mehr als 1,4 Millionen DM … bedeutet gegenüber unseren bisherigen Überlegungen eine nicht unerhebliche Finanzierungslücke … In teilweise recht hitziger Diskussion … schälte sich schließlich ein Kompromiss heraus: Verwirklichung des vorliegenden Projektes in zwei Bauabschnitten. Im ersten Bauabschnitt wird der Verwaltungsbau erstellt, im zweiten der Schulungstrakt.“
Bei der Sitzung geht es tatsächlich heiß zu. Zwar haben die diversen Aktionen rund 259.000 DM in die Kasse gebracht, davon sind aber allein 210.000 DM vorausgezahlte Mitgliedsbeiträge, die in den kommenden Jahren fehlen werden. Herbert Picolin tritt als Sonderbeauftragter ab, „da er keine Möglichkeiten zur Erfüllung seines Vertrages mehr sehe, weil drei Mitglieder des Geschäftsführendes Vorstandes gegen das AfuZ-Projekt eingestellt seien.“ Geschäftsführer Hans Hansen, DL1JB, repliziert, „dass er für seine Person nie ein Hehl aus seiner Einstellung gegen das Projekt in der geplanten Form gemacht und … wegen des damit verbundenen finanziellen Aufwandes geäußert habe.“ Wiederholt hatte Hans Hansen daher seinen Rücktritt angeboten. Der Schatzmeister und der Beisitzer erklären, nicht gegen das Projekt an sich zu sein, aber sehr wohl gegen dessen Finanzierung einzutreten. Für Picolin findet sich kein Nachfolger; es werden hingegen weitere Rücktritte angekündigt. Zuletzt fällt der Beschluss mit 14:3 Stimmen und 2 Enthaltungen, unverzüglich mit dem Bau „entlang der Trennlinie 6 des Entwurfs“ zu beginnen. [17]

DL1CU führt den Aufstand an

Wolfram „Felix“ Körner, DL1CU, betreibt die Körnersche Verlagsanstalt in Stuttgart. Er ist DASD- und DARC-„Urgestein“, ein streitbarer Schwabe, als Produzent der Klubzeitschrift einerseits zur Loyalität verpflichtet, als Widersacher der ersten Stunde gegen das AfuZ andererseits bald Wortführer der Opposition. Er veröffentlicht Informationen über Berichte, Sitzungsprotokolle, und Gespräche, die ihm zugespielt worden waren und die zum Teil nicht einmal dem Amateurrat zugänglich gewesen waren. Auch diesen Umstand führt Herbert Picolin als einen der Gründe für seinen Rücktritt an.[17]
Eine erste, noch verklausulierte Reaktion des Vorstands auf diese Haltung findet sich im Protokoll der Göttinger Clubversammlung. Da erfährt DL1CU, dass der bestehende Vertrag über den Druck des DL-QTC „um den Weg für neue Verhandlungen freizumachen … zum nächstmöglichen Termin, das ist der 31.1.1972“ gekündigt wird.[16] (Es werden 18 Ausschreibungen verschickt; Körner reagiert nicht. Ab Februar 1972 erscheint die Zeitschrift, nunmehr „cqDL“ genannt, beim Offsetdrucker Beltz in Hemsbach über Weinheim.)

10. Dezember 1971: Das Richtfest

Die Hauptversammlung am 22. und 23. Mai 1971 in Berlin zeigt trotz aller Versuche, geschlossen aufzutreten, die innere Zerrissenheit. Die Wahl des Geschäftsführenden Vorstands wird zur Farce von Nominierungen, Rückziehern, Nachnominierungen und Rücktritten. Schließlich bleiben Jürgen Netzer, DL3YH, und Ulf A. Kluge, DJ1BQ, im Amt. Auf Ulrich Gradmann, DL9PL, folgt Josef Kaiser, DK1QZ, als Beisitzer. Theodor Hofmann, DJ3YN, wird Herbert Picolins Nachfolger. Er und Architekt Stöhr beauftragen nun im Namen des DARC die Firma Gerum und Breuer als Hauptunternehmer zur Baudurchführung. Zur Schließung der Deckungslücke wird eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrags ab 1972 vorgesehen. [18]
Die Clubversammlung am 30. und 31. Oktober 1971 in Königswinter beginnt zwar mit den nun schon üblichen persönlichen Querelen, konzentriert sich dann aber doch auf den Hinauswurf von Wolfram „Felix“ Körner, DL1CU, als Drucker der Verbandszeitschrift. Zu Baunatal wird lediglich eine mit Beifall aufgenommene Diaschau vorgeführt, die Aufstockung des hypothekarisch gesicherten Darlehens auf bis zu 500.000 DM beschlossen und ein Ausschuss zur Beratung aller organisatorischen Fragen eingerichtet, die mit dem AfuZ verbunden sind.[19]
Zur Richtfeier am 10. Dezember 1971 sind nur noch sieben Bauhandwerker der Firma Gerdum und Breuer anwesend, dazu die Leiter der Baufirma, der Architekt Rudolf Stöhr, der örtliche Bauleiter, der Leiter der Kreisbausparkasse Baunatal/Kassel und vom DARC Kurt Pehrs, DJ3TZ, und Theodor Hofmann, DJ3YN. Wegen des schlechten Wetters geht man gleich nach dem vom Polier vorgetragenen Richtspruch („Nun wissen alle ganz genau, es ist fertig der neue Bau…“) zum Richttrunk in die beheizte Baubude.


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