Amateurfunkgeschichte Deutschland - Folgen 42 und 43


Funkbrücke nach Nicaragua

Funkbrücke nach NicaraguaDieter stammt aus Schwaikheim in Württemberg, war früher als Fernmeldeingenieur beim Fernmeldeamt 1 in Stuttgart beschäftigt, ist nun für Siemens und im Auftrag der Deutschen Bundespost dienstlich im Land, um das Fernmeldenetz ausbauen zu helfen.
Kurz zuvor hat Hans Schulze-Allen, TI2IO, in San José, Costa Rica, von zwei Mobil-Amateuren aus Nicaragua die Nachricht über die Katastrophe erhalten und auf 40, 20 und 15 Meter weiter verbreitet.
Am 24. Dezember wird Dieter von Werner Janssen, DJ1IC, in Wehr (Baden) gehört. Somit war endlich eine Verbindung nach Deutschland hergestellt. Dieter bat Werner zunächst, die Familie im schwäbischen Schwaikheim bei Stuttgart zu benachrichtigen. Es muss für Mutter Spieth eine große Erleichterung gewesen sein, zu Weihnachten die Botschaft zu bekommen, dass es ihrem Sohn gut ging. Damit war der Notverkehr auf 21.180kHz eröffnet.
Werner erreicht um 13:00 von Wehr aus Hans, TI2IO, der mittlerweile in Costa Rica mit Hilfe mehrerer Botschafter ein Notfunknetz auf 40m errichtet, in das auch Dieter in Nicaragua eingebunden werden kann. Dieter gibt bis 16:00 Nachrichten von Überlebenden nach Deutschland durch. Werner leitet sie zunächst allein per Telefon weiter, dann schaltet sich Alfred Maier, DJ1BR, dazu. Er ist mit Dieter befreundet, die beiden haben regelmäßig Skeds gefahren. Um 16:00 bricht die Verbindung mit YN1DS ab.
25. Dezember. Stationen in und um Bonn treten in Aktion. Außen- und Innenministerium ersuchen um Aufnahme in die Nachrichtenübermittlung, auch die Firma Siemens beschäftigt ist, will ihre Mitarbeiter erreichen. Für Funksprüche mit speziellen technischen Anforderungen stellen sich Richard Auerbach, DL1FK, und andere Stationen in Hamburg zur Verfügung. Dieter ist seit 72 Stunden fast ohne Schlaf auf den Beinen.
26. Dezember. Konrad Gabriel, DJ6YQ, in Göppingen, ein Mitglied des VFDB, erhält von der Bundespost die Erlaubnis, seinen Telefonanschluss kostenlos und per Direktschaltung für die unmittelbare Kontaktherstellung zwischen Nicaragua und Gesprächspartnern in Deutschland einzusetzen.
27. Dezember. Der regelmäßige Linienverkehr wird aufgenommen und über mehrere Tage hinweg fortgeführt. Die Ausbreitungsbedingungen und Einschränkungen vor Ort zwingen jedoch zu einer Betriebszeit von jeweils nur drei Stunden (13:00-16:00 UTC). Dieter und sein Kollege Ferdinand Eigel holen mehrmals pro Tag bei der Deutschen Botschaft in Managua die dort für die Übermittlung nach Deutschland vorbereiteten Funksprüche ab. Unterwegs leisten sie in vielen Fällen erste Hilfe. Sie haben Spaten und Pickel im Auto und helfen wiederholt, Verschüttete auszugraben. Unterwegs und in der Funkstation tragen sie stets eine Waffe bei sich, da zahlreiche Plünderer die Straßen und Häuser unsicher machen.
Die Dauerbelastung der Geräte bleibt nicht ohne Folgen; die Röhren und das alte Benzinaggregat drohen den Dienst aufzugeben. Zum Glück entsendet der SWF Rolf Decker, ein Kameramann aus Stuttgart, für einen Filmbericht nach Managua. Rolf bringt Ersatzröhren und ein neues Aggregat mit. Von da an ist der Betrieb gesichert, vor allem, weil Dieter nun von daheim senden kann, einem Bungalow 12km außerhalb Managuas, der durch die Erdstöße kaum Schaden gelitten hat. Zudem funktioniert mittlerweile auch die Telefonverbindung zur 3km entfernten Residenz des deutschen Botschafters wieder.
30. Dezember. Die Medien haben von der Funkbrücke erfahren. Der Informationshunger ist groß, es gibt aber noch keine Verbindung mit Nicaragua. Erstmals berichtet das Fernsehen life via Amateurfunk aus Managua. Alfons Heinrich, DL1BT, hat am Vorabend auf dem Flachdach des Studios einen Doppeldipol ausgespannt, Hans Pfähler, DK1UQ, stellt im Studio 5 seinen FT200 auf. Das Fernsehen bringt einen Vorbericht, quasi als Test. Mit der rasch herbei geschafften Linear SB-200 von Bruno Strohbach, DK4ST, gelingt ein tadelloses QSO für das Abendjournal des Süddeutschen Rundfunks und Südwestfunks. Harald Paul, DK1JW, aus Calw hilft tags darauf mit seiner Linear FL3500 aus. Jetzt kann täglich über die Entwicklung im Katastrophengebiet berichtet werden, am 2. Januar 1973 meldet sich auch Rolf Decker via YN1DS mit einer Situationsschilderung. ARD und ZDF übernehmen einzelne Beiträge.
Im Sommer 1973 wird Dieter Spieth mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Der DARC verleiht ihm die Goldene Ehrennadel.



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