Amateurfunkgeschichte Deutschland, Folgen 51-53


(51) Chronik 1980-1982

Chronik 1980

Das Jahr beginnt mit dem Auftritt des Amateurfunk bei der Silvesterparty von Radio Bremen. Geplant ist, weltweit Neujahrsgrüße auszutauschen und live zu übertragen. Zehn Skeds sind fix vereinbart – aber dann ist das 20-m-Band ausgerechnet zur Sendezeit tot, und man muss sich mit OE3ALW in Wien, DJ9TI in Stuttgart und DF7BW in Verden begnügen. Not macht erfinderisch: Rasch wird eine Aufzeichnung mit Bolivien eingespielt, ein Kotakt mit dem Urwaldarzt Dr. Alexander Bendoraitis, CP8AL.
Der DARC ist mit fast 45.000 Mitgliedern der größte Verband der IARU Region 1. Das wird auch als Verpflichtung empfunden, und so entspricht man auch dem Appell der WARC zur Förderung des Amateurfunks in Entwicklungsländern und stellt im Haushalt dafür einen eigenen mit 20.000DM dotierten Titel ein. Hundert 20-m-Empfänger gehen nach Westafrika.[1] 12 deutsche Funkamateure bestreiten im März und April einen Ausbildungslehrgang in Sri Lanka [2], ein weiterer ist für Liberia geplant.
Im Februar tagt der Amateurrat in Kassel und analysiert die Situation des DARC: Zu erwarten sei eine Verdopplung der Mitgliederzahl in den nächsten fünf Jahren. Die dringendsten Aufgaben des Verbandes seien der Aufbau einer Lobby, also die Kontaktpflege zu wirtschaftlichen und politischen Verbänden, absolute Priorität habe aber die Wiederherstellung der Gemeinnützigkeit. [3] Auch die Hauptversammlung am 26. und 27. April in Espenau/Kassel widmet sich diesem Themenkreis. Walther Kawan, DL1UU, der langjährige Justitiar, wird zum Ehrenmitglied ernannt. Aktiv ist er seit 1929 (DE1482, D4BIT, D4BJM, D4KPJ).
Eine Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung (DV) zum Amateurfunkgesetz mit Wirkung vom 1. Juni 1980 bringt Neuerungen bei den Genehmigungsklassen, der Senderleistung, den Betriebsarten und den Rufzeichenkontingenten. So soll z.B. die Klasse A mit einer vereinfachten CW-Erfordernis den Umstieg von der „UKW-Klasse“ C auf die Klasse B erleichtern.[4]
In Cetniewo, Polen, wird im September die erste Weltmeisterschaft im Amateurfunk-Peilen ausgetragen. Die deutsche Delegation, als Außenseiter angereist, kehrt mit zwei Goldmedaillen nach Hause.
Am 3. und 4. Oktober kommt es in Simonswald (Schwarzwald) bei der Hauptversammlung des Verbandes der Funkamateure der Deutschen Bundespost, VFDB, zu einer veritable Krise. Die Differenzen mit dem DARC hat man halbwegs bereinigt – nach fast zwei Jahren Umstellungsproblemen bei der Mitgliederverwaltung ins AFZ -, nun tritt der gesamte Vorstand, mit einer einzigen Ausnahme, nicht mehr zur Neuwahl an. Nur mit Mühe geht die Wahl dann doch über die Bühne, nachdem sich der langjährige Vorsitzende, Karl-Heinz Vogt, DL6YH, zu einer zumindest vorübergehenden Weiterarbeit bereit erklärt hat.[5]

Chronik 1981

Der DARC-Verlag nimmt einen neuen Anlauf für eine eigene Buchreihe und legt als 1. Band den „Einstieg in die Amateurfunk-Funktechnik, Teil A“ vor, Autor ist Karl H. Hille, DL1VU. Ein Jahr später folgt der Teil B.
Vom 27. April bis 1.Mai findet in Brighton, England, die IARU-Region 1-Konferenz statt. 140 Delegierte, darunter elf vom DARC, diskutieren über 180 Arbeitspapiere. Hauptthemen sind die Nachwehen der WARC und die überfällige Neustrukturierung der IARU. Heiße Debatten gibt es mit dem „Relais-Störenfried“ ÖVSV, der sich ebenso wie der durch Abwesenheit glänzende französische REF nicht an den UKW-Bandplan mit dem nun endgültig fixierten 12,5-kHz-Relaisraster hält. Der DARC empfiehlt in der Folge dringend, Relais außerhalb des Bandplans nicht zu nutzen. Nicht einigen kann man sich auf feste EMC-Kenngrößen (Electromagnetic Compability – Elektromagnetische Verträglichkeit), was ein gemeinsames Auftreten gegenüber der Industrie und den Verwaltungen weiterhin erschwert.
Der Amateurrat hält seine Hauptversammlung am 16. und 17. Mai in Trier ab. Offenbar liegen keine brennenden Anliegen vor, heißt es doch im Bericht lapidar: „Als herausragender Punkt der Tagesordnung kann die Wahl des Vorstandes gesehen werden.“[6] Philip Lessig, DK3LP, wird wiedergewählt; neu sind Wilhelm Losse, DK4ZO, und Dieter Gohr, DK6OD, als 2. und 3. Vorsitzender.
Die neue Sortieranlage in Baunatal ist aufgestellt und in Betrieb genommen. Erstmals werden in einem Jahr mehr als 7 Millionen QSLs vermittelt.
Bei offiziellen „DARC Nachrichten“ stellen DK3LP, DK4ZO und DK6OD unter dem Titel „Sollen wir umdenken?“ zu Jahresende einige provokante Thesen vor. Der komplette Vorstand äußert sich also mit einer kritischen Analyse, die unter anderem schlussfolgert: „Wir sollten neue Prioritäten setzen und liebgewordene Vorstellungen ändern. Das geht nicht von heute auf morgen, und es geht auch nicht von ‚oben’ nach ‚unten’. Aber ganz sicher kann die Vereinigung eines experimentellen Funkdienstes nicht untätig zusehen, wenn eine nennenswerte Zahl ihrer Mitglieder nur noch Geräte kauft, den Stecker in die Dose steckt und munter drauflos redet. ... Wir sollten umdenken! Zwar nicht mit der Abkehr von bisher Liebgewonnenem wie dem Plauder-QSO, dem DX-Verkehr, den Diplomen und Kontesten, aber mit anderen Gewichtungen. Priorität muss heute die technische Ausbildung haben, wenn wir in Zukunft bestehen wollen.“ [7]
Bei der Herbstversammlung des Amateurrats im November es einmal mehr um das schwierige Problem der Gemeinnützigkeit. Trotz des ablehnenden schriftlichen Vorbescheids zur Klage vor dem Finanzgericht will man nicht aufgeben und den mühevollen Weg durch den Instanzenzug antreten. Der Mitgliederzuwachs ist erstmals deutlich geringer als erwartet; das ist aber auch auf den rigorosen Ausschluss nach Beitragsrückständen zurück zu führen.[8]

Chronik 1982

Zu Jahresbeginn tritt eine neuerliche Durchführungsverordnung zum Amateurfunkgesetz in Kraft.[9] Nach der WARC 1979 und der nachfolgenden Überarbeitung der Vollzugsordnung für den Funkdienst (VO Funk) haben sich viele, teilweise grundlegende Änderungen ergeben, vor allem in den Zuweisungen der Frequenzbereiche, bei den Bezeichnungen der Aussendungen und beim internationalen Katastrophenverkehr. So sind etwa neu acht GHz-Bereiche und ein Zusatzbereich im 160-m-Band, vor allem aber die Zuweisungen 10.100-10.150, 18.068-18.168 und 24.890-24.990kHz, von der deutschen Fernmeldeverwaltung für die Klasse B erfreulicher Weise schon jetzt frei gegeben für A1A (Morsetelegrafie) bis zu einer Spitzenleistung von 150W. Ursprünglich war als spätester Zeitpunkt für die Räumung durch die bisherigen Benutzer 1989 vorgesehen. Neu ist die Angabe der zulässigen Leistungswerte in dBm statt W, neu sind Regelungen für Klubstationen und Relaisfunkstellen, neu ist die verpflichtende einheitliche Zeitangabe UTC in der Tagebuchführung usw.
Zur Hauptversammlung des Amateurrats am 15. und 16. Mai in Bad Godesberg liegt ein beruhigender Bericht über die allgemeine Finanzlage des Verbands vor. Der Antrag, die angemietete IBM-Anlage käuflich zu erwerben, führt nach längerer Debatte zur Vertagung, ein Antrag des Deutsche Funk-Verbands e. V., Ortsverein Ostfriesland e.V. in Emden auf kooperative Mitgliedschaft wird mit 79 Stimmen einhellig abgeschmettert – ein letztes Echo auf die jahrelange Auseinandersetzung mit dem DFV.[10]
Im Alter von 88 Jahren stirbt am 15. Februar Rudolf Horkheimer, DK5GA ein Oldtimer des Amateurfunks. Er baute Anfang der Zwanzigerjahre zahlreiche Sende- und Empfangsanlagen auf und galt als absoluter Experte in Hochfrequenzfragen. Der DARC, der später in seinem Namen einen jährlich zu vergebenden Preis stiften wird, widmet ihm nicht einmal einen Nachruf in der Klubzeitschrift.
Vom 1. Juli bis 31. Dezember können DFØAFZ und DBØHQ mit dem Sonder-DOK AFZ10 gearbeitet werden. [11]
Die Herbstversammlung des Amateurrats am 06./07. November in Espenau bei Kassel beschließt einen Nachtrag zum Haushaltsvoranschlag 1982 sowie den Haushaltsvoranschlag 1983. Weitere Themen sind die Amateurfunkdienst-Notfunkplanung, Förderungsmaßnahmen für Amateurfunk in Entwicklungsländern und Aktivitäten anlässch des World Communication Year (WCY). Und ein neues Thema kündigt sich an: Einige Städte und Gemeinden beginnen die Kommunikationswege für Fernsehen und Hörfunk zu verkabeln und ändern dabei das Baurecht, wobei in aller Regel generelle Antennenverbote ausgesprochen werden, die natürlich auch für die Funkamateure Gültigkeit erlangen. [12]
Die Mitgliederentwicklung ´gibt dem Vorstand zu denken. Zwar sind noch immer 84 % der lizenzierten Funkamateure Mitglied im DARC, von den 24.000 Bewilligungsinhabern der Klassen B und A sogar 92 %, von den rund 15.000 der Klasse C jedoch nur noch knapp 75 %.[13]

Was sonst geschah

Die Länderjäger setzen große Hoffnungen auf eine für den Januar 1980 geplante DXpedition nach Kingman Reef und Palmyra. Kaum eine andere Unternehmung zuvor war aber von so viel Pech verfolgt gewesen: Am 4. Januar scheitert der Start, weil die Nachrichtenanlage des Flugzeugs ausgefallen ist. Tags darauf kommt es zu einer Bruchlandung auf Palmyra. Jan, WA6YQW wird schwer verletzt, die US-Küstenwache fliegt ihn mit einer C-130 nach Hawaii zurück. Weiter geht es per Schiff, aber vor Kingman gerät es in einen Sturm, und so verzögern sich Landung, Stationsaufbau und Betrieb. Nach drei Tagen, 60 Stunden Betrieb und 5.500 Kontakten im Log muss vorzeitig abgebrochen werden, weil wegen des kaputten Flugzeugs die Heimreise ab Palmyra irgendwie per Schiff erfolgen muss. Zwar bringt die erzwungene Wartezeit zusätzliche Funkverbindungen ein, aber am 11. Januar stürzt Dave, K6LPL, so unglücklich, dass er, der gemeinsam mit Bob, K2HFX, von Palmyra 9.000 Kontakte solo abgewickelt hatte, sofort abtransportiert werden muss. Die C-130 nimmt gleich das gesamte Team nach Hawaii mit.[14]
Am 26. und 27. April 1980 tagt die VHF-UHF-Arbeitsgruppe der Region 1. Beschlossen wird unter anderem ein neues, von Folke Rosvall, SM5AGM, entwickeltes und von Dr. John Morris, G4ANB, vorgeschlagenes QTH-Kenner-System, künftighin nach dem Tagungsort bekannt als „Maidenhead Locator“[15]
Am 23. Mai 1980 soll die neue Ariane-Rakete auch den Amateurfunk-Satelliten OSCAR 9 in den Orbit tragen. Sieben Jahre Planung und Bau und große Hoffnungen wurden in das Projekt investiert, an dem auch die AMSAT-DL maßgeblich beteiligt ist. Kurz nach dem Start fällt ein Triebwerk aus, die Rakete zerbricht. Erst der am 16.Oktober 1981 gestartete UOSAT OSCAR 9, wenngleich mit nur rund 540km Umlaufbahnhöhe, gibt den Sat-Freunden schwachen Trost und hilft der Spendenaktion der AMSAT-DL auf die Sprünge. Ab Dezember 1981 umkreisen sechs sowjetische Amateurfunk-Satelliten die Erde, RS3-RS8. Am 17. Mai 1982, dem Welt-Fernmeldetag, wird von der sowjetischen Orbitalstation Salut 7 der Amateurfunksatellit Iskra 2 gestartet. Die Kosmonauten Anatoli Beresowoi und Walentin Lebedew hatten den Satelliten für den Start vorbereitet und zum vorgesehenen Zeitpunkt durch die Schleusenkammer in den freien Raum befördert. Iskra 2 ist dem 19. Komsomolkongreß gewidmet. Durch den misslungenen Start der ARIANE-Rakete in Französisch-Guyana am 10. September 1982 erleidet die AMSAT einen neuerlichen Rückschlag.
In der Volksrepublik China wird 1980 erstmals nach der Kulturrevolution von 1976 Amateurfunk wieder zugelassen: mit 2,5 Watt auf 80m. Auslandsverkehr ist untersagt.[16] Vom 4.-9. September 1981 sind vier Funkamateure der „Boeing Employees Radio Society“ im chinesischen Institut für Elektronik zu Gast. Sie haben Funkausrüstung dabei, und das Unerwartete geschieht: Sie dürfen nicht nur die mitgebrachte Station aufbauen, sondern das Mikrofon auch an Hsu Y. C. K7LAY/BY (ex XU8CH, C1CH) übergeben. Nach 32 Jahren ist dies das erste QSO eines Chinesen ins Ausland. [17] Ab 29. März 1982 wird der Amateurfunk in China in vorsichtiger Form offiziell frei gegeben werden, zunächst freilich nur für die Clubstation BY1PK.
Vom 15.-26. Februar 1982 findet in Genf die 15. Vollversammlung des CCIR, des "Internationalen Beratenden Ausschusses für das Funkwesen" der ITU statt, an der 393 Delegierte aus 77 Ländern sowie Vertreter von 16 internationalen Organisationen und von 10 anerkannten privaten Funk-Betriebsgesellschaften teilnehmen. Aufgabe dieser Plenarsitzung ist die Prüfung und Billigung von technischen Dokumenten, welche die 13 Studiengruppen des CCIR in ihren Abschlußsitzungen Ende 1981 vorbereitet hatten. Dazu werden die laufenden Vorbereitungen für kommende regionale und weltweite Funkverwaltungskonferenzen bis zum Jahr 1985 weitergeführt. Auf der 15. Plenarsitzung des CCIR wird der Amateurfunkdienst über Satelliten, der bisher bei der Studiengruppe 2 (Weltraumforschung und Astronomie-Funkdienst) geführt wurde, an die CCIR-Studiengruppe 8 (Mobile Funkdienste) überwiesen, in deren Aufgabengebiet bereits der terrestrische Amateurfunkdienst fällt. Die IARU legt allen Amateurfunkverbänden nahe, ihren nationalen CCIR-Studienkommissionen die Mitarbeit in der Studiengruppe 8 anzutragen.
Am 27. August 1982 wird auf 144 MHz das erste QSO des Amateurfunk-Clubs des Internationalen UNO-Zentrums in Wien geführt. 4U1VIC (Vienna International Centre) besitzt zwar den gleichen rechtlichen Status wie 4U1ITU in Genf und 4U1UN in New York, die DXCC-Anerkennung wird jedoch nicht erteilt. Die Station befindet sich im 29. Stockwerk des höchsten Turms des UNO-Zentrums 125 m über Grund. [18]

Mitgliederentwicklung

*Bereinigt: Nach Auslistung der Streichungen und Verstorbenen beim Transfer der Daten in die neuen EDV-Anlage


  Mitgl. d.s.% Mitgl.* d.s.% OV
1979 43.278 +11,2     648
1980 46.458 +9,4     679
1981 47.728 +2,7 45.610   706
1982 47.836 +0,2 46.203 +1,3 725

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