Amateurfunk in Deutschland


(23) Amateurfunk in der amerikanischen Zone nach 1945

Bild: Erste KW-Tagung, Stuttgart, 7./8. Juni 1947

12.05.10

(23) Amateurfunk in der amerikanischen Zone nach 1945 zoomWBRC - der Württembergisch-Badische Radio Club
Wie wenig man trotz all dieser Kontaktanbahnungen voneinander wusste, belegt der Umstand, dass der erste offizielle Verein im amerikanischen Sektor von einem Oldtimer gegründet wurde, der nicht dem SAC angehörte. Egon Koch, nachmals DA1CC und DL1HM, ein Mitarbeiter von "Radio Stuttgart"[5] erhielt dank seiner beruflichen Nähe zur amerikanischen Militärregierung und zu der von ihr kontrollierten Rundfunkstation bereits im Sommer 1946 die Genehmigung, einen Radioklub gründen zu dürfen. Er griff allerdings eine Idee aus der Zeit vor dem DASD wieder auf: einen Verband, der wie seinerzeit der DFTV (Deutscher Funktechnischer Verband) alle "Radioten" zusammenfasste, die Radiobastler und Rundfunkhörer ebenso wie die Funkamateure. Das war nicht unklug gedacht, denn nach Kriegsende war die Ausgangslage für alle Hobbyfreunde durchaus der "Stunde Null" am Beginn der Zwanzigerjahre zu vergleichen.
Der WBRC[6] wurde am 17. August 1946 im großen Hörsaal des Physikalischen Instituts in Stuttgart offiziell als Verein gegründet. "Der Saal war derart überfüllt, daß man noch eine Lautsprecherübertragung nach dem kleinen Hörsaal vornehmen mußte. Über 500 Personen, darunter die Vertreter der amerikanischen Militär-Regierung, der Ministerien, der Stadtverwaltung, der Deutschen Post, des Münchener Radio-Clubs und Kurzwellenamateure aus allen Besatzungszonen waren anwesend."[7]
Nach der Begrüßungsansprache durch Egon Koch sprach der Chef von Radio Stuttgart ("Chief, Radio Branch"), Capt. Fred G. Taylor jr., und verband seine Glückwünsche gleich mit einem Wink mit dem Zaunpfahl: Die Funkfreunde sollten, "um die Voraussetzungen zu schaffen, daß auch deutsche Amateure ihren Sendebetrieb wieder aufnehmen können ... sich jetzt genau an die von der Militär-Regierung erlassenen Vorschriften halten." Unmissverständlich deutlich wurde Capt. Weldon J. Hoogie, der Chefingenieu von Radio Stuttgart, beim Schlusswort der Versammlung:
"Es ist zur Zeit in Deutschland nicht erlaubt, eine Sendeeeinrichtung irgendwelcher Art zu betreiben, aber der Bereich der Radiotechnik ist so umfangreich und es gibt so viele andere Möglichkeiten und Interessensgebiete, auf welcher dieser Radio-Club seine Tätigkeit konzentrieren kann. Ein Wort der Warnung ist (daher) hier angebracht: ... Die amerikanische Militär-Regierung wird sich besonders für Ihre Tätigkeit interessieren. Obwohl Ihr ganzes Interesse darauf gerichtet sein wird, wieder Ihre Sendetätigkeit aufzunehmen, wird es nur zu Ihrem Vorteil sein, wenn Sie alle Versuche auf diesem Gebiet unterlassen."

Radiobastler und Funker in einem Boot
Der WBRC gründete in rascher Folge Ortsverbände, zunächst in Eßlingen, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Luidwigburg, Mühlacker- Maulbronn, Mannheim, Pforzheim und Ulm. Die Majorität der Mtglieder war jedoch in der Sektion Rundfunk vertreten. Die Stuttgarter Kernzelle des SAC hingegen vertrat die Interessen der Funkamateure, stellte mit Wolfram Körner den Vizepräsidenten des WBRC und bildete die "Sektion Kurzwelle", die recht autonom werkte. Man erstellte eine "gesamtdeutsche" Adressenkartei und erteilte DE-Nummern. Dies war möglich geworden, weil die Militärregierung wenig später, Ende 1946, den Versand von QSL-Karten gestatteten. Senden war also offiziell strengstens verboten, doch erwiesen sich die Militärs, unter ihnen nicht wenige Funkamateure, bald "auf diesem Ohr taub"[8]. Zur besseren internen Identifizierung gaben sich die Aktiven nun ein Rufzeichen, das mit dem Buchstaben A endete[9]. Bevorzugt wurde das 10m-Band, die Vermittlung erfolgte über die von Felix Körner eingerichtete und betreute "Postbox 585 Stuttgart".
Als sich die Fantasie-Rufzeichen in ganz Deutschland zu einem nicht länger durchschaubaren Wirrwarr entwickelten beschloss man bei der Ersten Kurzwellentagung in Stuttgart, 1947[10], Ordnung in das System zu bringen. In Anlehnung an die Regelung der WAC von Atlantic City (1947) und die Postleitgebiete entwarf Kurt Schips die DA-Liste[11] . Die Kartei wurde zunächst von Günter ("Herbert") Frech D3OPA[12] verwaltet - und vor Zugriff sicher bei einem Amerikaner verwahrt. 1948 erschien "Geheim!" ein DACallbook mit über vierhundert Rufzeichen, wenig später enthielt die Kartei bereits sechshundert Stationen. Die Besatzer reagierten pragmatisch: Sie forderten eine wöchentlich zu ergänzende Anschriftenliste der DAs an - zu deren Schutz vor Verfolgung, wie man augenzwinkernd betonte.
Dieses aus heutiger Sicht recht seltsame gentlemen agreement hielt, bis die US-Besatzer durch Veröffentlichungen – ausgerechnet von Funkkollegen aus der britischen Zone und eine deutschfeindliche G-Station[13] - gezwungen wurde, die deutsche Post gegen die illegalen Funker anzusetzen. (Dies führt zu der von vielen Oldtimern zur Legende hochstilisierten "Aktion Horridoh" - der selbst auferlegten Funkstille der DA-Stationen vom 23.-31. April 1948)[14] Diesem Höhepunkt der internen Auseinandersetzung vorangegangen war eine immer heftiger ausgetragene Diskussion, die zur Bildung zweier verfeindeter Lager führte: Sollte man durch maximale Aktivierung der Bänder eine Legalisierung erzwingen oder durch strikte Disziplin geduldig Überzeugungsarbeit leisten? In den regionalen Verbänden, die es jetzt mit Ausnahme der französischen Zone in allen drei Westzonen gab, herrschte darüber erbitterte Uneinigkeit. Man übt sich in Sticheleien: "Die im Körner-Verlag neuerdings wieder erscheinende ‚QRV' ist ein reines Privatunternehmen und nicht Verbandszeitschrift des DARC! ... Von nun an soll wieder eine richtige Zeitschrift, die ‚CQ' ... erscheinen."[15]. Otfried Lührs DE6220/K (später DLKV) löst, wenn auch sicher unbeabsichtigt, mit einem Leitartikel in den "DARC Mitteilungen" schließlich das Eingreifen der Postbehörden aus:
"Seit Jahresbeginn hat eine offenbar organisierte Tätigkeit der Schwarzsender begonnen. .. Anforderung von QSL unter der Bezeichnung DARC an eine Stuttgarter Postbox und die relativ rasch anwachsende Zahl der nunmehr am DA-Rufzeichen leicht erkennbaren Schwarzsender... führt (zum) Eindruck legaler Lizenzsierung. ... Es wird daher festgestellt: ... Alle unter DA-call arbeitenden Stationen sind illegal."[16]
Auch innerhalb des WBRC gerieten die beiden Lager, die Rundfunk-Sektion und die Amateurfunk-Sektion, immer heftiger aneinander. Der Verband drohte sich an diesem Konflikt aufzureiben.
Wer weiß, was die Zukunft gebracht hätte, wären die Fäden nicht - gewiss unbeeinflusst von diesen Diskrepanzen - höheren Orts gesponnen worden. General Clay und General Robertson, die Befehlshaber der Amerikaner und Briten, einigten sich auf eine positive Lösung in der Lizenzfrage und erteilten Ende April 1948 der Verwaltung für Post und Fernmeldewesen in Frankfurt/Mail die Weisung, für den Wirtschaftsrat der "Vereinigten Wirtschaftszone" als gesetzgebendem Organ eine diesbezügliche Regelung auszuarbeiten. Jetzt blieb den Funkamateuren keine andere Wahl als den Schulterschluss zu proben, um diese Entwicklung nicht zu gefährden: Die Schaffung eines "gesamtdeutschen" DARC. Als der schließlich gegründet wurde, zählte der WBRC zwar viertausend Mitglieder, aber nur fünfhundert davon waren Funkamateure.



Download [1.3 MB]Biografie Kurt "Conny" Schips, DL1DA [05:37] [MP3 , 1.3 MB]

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