Amateurfunkgeschichte Österreich - Persönlichkeiten


Franz Anderle - Der Wegbereiter

Der Gründungsvater des ÖVSV - ÖVSV-Präsident 1926-1932

16.01.10

Franz Anderle - Der WegbereiterzoomParallel zur militärischen Karriere studierte Anderle am Elektrotechnischen Institut der Technischen Hochschule in Wien, wo er 1923 mit dem Ingenieur-Titel abschloss, und betätigte sich als Praktikant bei Daimler (Wr. Neustadt), Laurin und Klement (Jungbunzlau) und Siemens.

Telegraphie ohne Draht!
1897/98 begann man sich in Österreich-Ungarn intensiv mit der neuen und für viele Militärs geheimnisvollen Technologie der drahtlosen Telegraphie zu beschäftigen, vor allem bei der k.u.k. Kriegsmarine, die ja an den sich dadurch eröffnenden Möglichkeiten besonders interessiert sein musste. Franz Leist bei der Marine [2] und Franz Andere beim Heer wuchsen – jeder auf seinem Gebiet – zu den ersten Experten und Pionieren heran. Ihre Wege sollten sich (auch als Konkurrenten) weiterhin kreuzen.
1911 erschien Anderles „Lehrbuch der Drahtlosen Telegraphie und Telephonie“, ein frühes Standardwerk. [3]
Von 1902 bis 1911 war Anderle Technischer Leiter der Versuche mit Radiotelegraphie beim Eisenbahn- und Telegraphenregiment, bis 1912 dessen Kommandant. Zu den vielen damals angestellten Versuchen gehörten auch erste Experimente mit Peilmessungen.
Nach einem Intermezzo als Leiter der Radiostation in Slavonisch-Brod wurde Anderle als Kommandant zur neu errichteten Radiostation Wien-Laaerberg versetzt (ab Juli 1914 als Großradiostation bezeichnet und mit der Radiostation Wien im Kriegsministerium verbunden). Das war eine undankbare Aufgabe, denn die dort aufgestellten Poulsen-Lichtbogensender brachten auch nach mehreren Umbauten an Sender und Antennen keine befriedigenden Ergebnisse. Ab 1915 verlagerte sich der Betrieb immer mehr zur Station in Deutsch-Altenburg.
Während des Krieges wurde Anderle Leiter des Radiodienstes der permanenten und provisorischen Radiostationen der Monarchie[4]. Wien-Laaerberg verlor bis zur Unkenntlichkeit an Bedeutung. Man versetzte Anderle daher an einen wichtigeren Posten, zum Heeresgruppenkommando Tirol, wo er als Radioleiter auch für die „Spezial-Telephon-Kurse und Dolmetschkurse für die gesamte bewaffnete Macht“ tätig war, von Juni 1917 bis Mai 1918 überdies als Leiter des militärischen Abhorchdienstes in Tirol. [5] (Gern wäre Anderle – damals und 1918 - zur nur knapp 30km entfernten Großradiostation Deutsch-Altenburg gewechselt, doch etablierte sich dort nach Kriegsende der ewige Konkurrent Franz Leist.)

Eine verwickelte militärisch/zivile Karriere
Nach Kriegsende erging es Anderle immerhin besser als vielen anderen Militärs, für die die junge Republik, verarmt und mit ungewisser Zukunft, keine Verwendung mehr hatte. Als anerkannter Experte leitete er 1919 zunächst den Umbau der Station Wien-Laaerberg – ein zum Scheitern verurteiltes Experiment[6] -, wurde 1920 wieder ins Bundesministerium für Heereswesen übernommen und als „Leiter der Versuchsabteilung für das Verbindungswesen“ zum Verbindungszeugsdepot nach St. Pölten versetzt: eine Notlösung, die man damit beendete, dass er 1922 zum Beamten mutierte: als Referent in der Abteilung 10 des BMfH. Kaum hatte er diese Gelegenheit genutzt, um sein Studium abzuschließen, machte man ihn 1923 wieder zum Offizier und, als Oberst, zum Waffeninspektor der Verbindungstruppe. In dieser Eigenschaft erwarb er sich große Verdienste beim Aufbau des Heeresfunknetzes, bis er im Februar 1931, 57jährig, auf eigenes Ansuchen, in den Ruhestand versetzt wurde.

„Broadcasting“, die neue Faszination
Anderle, stets vielseitig interessiert, war von den ersten Pioniertagen des jungen Mediums Rundfunk von dessen Möglichkeiten fasziniert, und dies nicht nur auf technischem Gebiet. „Broadcasting“ oder „Sprachtelephonie“ oder „Unterhaltungsrundfunk“ – der Begriff „Radio“ bürgerte sich erst später ein – versprach, auch ein lukratives Geschäft zu sein. Eine wahre Massenbewegung entstand da, den Vereinen und Verbänden der „Funkamateure“ traten binnen weniger Monate Tausende bei, und sie alle hungerten nach Information. Für dieses Publikum brachte Anderle als Schriftleiter ab 1924 die „Radiowelt“ heraus, eine „Illustrierte Wochenschrift für Jedermann“, die in einem eigens gegründeten Wiener-Radio-Verlag mit Sitz in Wien III, Rüdengasse 11, erschien.
Wenig später folgten andere Periodika, allen voran der „Österreichische Radio-Amateur“, der sich ebenfalls als Sprachrohr der jungen Vereine anbot. Anderle hatte freilich die Nase vorn, denn als Erster sah er im Radio nicht nur eine technische, sondern auch eine kultur- und gesellschaftspolitische Neuerung. Alle seine Verbindungen geschickt nutzend, setzte er sich dafür ein, dass der neu geschaffenen „Radioverkehrs AG – RAVAG“ auch ein beratendes Gremium beigegeben wurde, ein „Beirat“ (nach heutigen Begriffen: eine Hörervertretung), dem neben Beamten der zuständigen Ressorts auch Vertreter von Interessensgruppen angehörten, so etwa jene der Volksbildung, aber auch, mit verbindlichen Mandaten, die Delegierten der Radioklubs. Und Anderle, stets als Drahtzieher hinter den Kulissen aktiv, sorgt dafür, dass seine Redakteure, seine Klubleiter im Beirat gut vertreten sind.

Die Radioamateure wollen auch senden
Die „Radiowelt“ veröffentlicht das Programmschema der RAVAG, bringt ergänzende Beiträge zu den Sendungen, schafft eine neue publizistische Form: die Radiokritik. Technische Bastelanleitungen überlässt man zunehmend den Mitbewerbern am Markt; die Zielrichtung hat sich geändert: Anderle macht die „Radiowelt“ zum Sprachrohr jener Radioamateure, die in den Sendepausen der RAVAG eigene Programme ausstrahlen wollen. Geschickt koordiniert er die Kampagne: Der Beirat verabschiedet eine diesbezügliche Resolution, die die Direktion der RAVAG notgedrungen unterstützen und an die Behörden weiterleiten muss; die „Radiowelt“ applaudiert dem Beirat. Die leitenden Beamten im Handelsministerium zögern, vertrösten, da ergreift Anderle erneut die Initiative: Er teilt „Rufzeichen“ aus: AUX1 bis AUX12 werden von ihm vergeben, über die ersten Ausstrahlungsversuche berichtet erfreut die „Radiowelt“.
Aber noch fehlt die vereinte Kraft. Die Lobby der Radioamateure ist in sozial und politisch unterschiedlichst orientierte Verbände aufgesplittert. Stark ist man aber nur gemeinsam. Anderle beruft für den 30. Juli 1925 ein Aktionskomitee ein, in dem alle Amateurvereinigungen vertreten sind. Am 23. Oktober 1925 wird im Klubsaal des Hotel de France am Schottenring der provisorische Vorstand eines Vereins bestellt, der den Namen „Österreichischer Versuchssenderverband“ trägt und dessen erklärtes Ziel es ist, das Recht auf die Veranstaltung von Rundfunksendungen durchzusetzen.[7] Anderle wird Vorsitzender, seine Gewährsleute – viele auch Mitglieder des RAVAG-Beirats – werden in den Vorstand gewählt. Die „Radiowelt“ ist ab sofort die Verbandszeitschrift des ÖVSV. Statuten werden ausgearbeitet, den Behörden vorgelegt und anerkannt. Am 7. April 1926 wird in der „Konstituierenden Generalversammlung“ der ÖVSV aus der Taufe gehoben. Präsident: Oberst Ing. Franz Anderle. Ehrenpräsident: Prof. Max Reithoffer. Im Vorstand: Klubfunktionäre, Industrielle, der Gerätehandel.

Die „Wechselsprecher“ siegen
Aus den hochfliegenden Plänen wird nichts. Die Verhandlungen über die Bedingungen für eine Sendeerlaubnis verlaufen zäh, mit langen Unterbrechungen. Der Enthusiasmus der Radiomacher verfliegt.
Im April 1925 war in Paris der „1. Internationale Radio-Amateur-Kongress“ abgehalten worden. Dort erfolgte die Weichenstellung. Auf Drängen der Franzosen und Amerikaner spaltete sich die Amateurbewegung in die Radio-Enthusiasten und die Funkamateure „ausschließlich für wechselseitige Verbindungen untereinander“. Sie gründeten an Ort und Stelle die „International Amateur Radio Union“, die IARU.
Als Anderle erkennen musste, dass der ÖVSV keine Chancen hatte, in absehbarer Zeit Radio-Konzessionen zu erhalten, und als die zunächst überhaupt nicht im Vorstand repräsentierten „Wechselsprecher“ sich immer lauter zu Wort meldeten, schwenkte er um. Als kluger Kaufmann hatte er erkannt, wie man sein Publikum bei der Stange hält, als ehrgeiziger Präsident trat er nun voll und ganz für die Belange der Funkamateure ein. Die „Radiowelt“ wurde flammender Anwalt für die „Studiensender-Verordnung“, die im Jänner 1929 endlich in Kraft trat.

Die graue Eminenz
Anderle interessierte sich nie wirklich für den Amateurfunk. Er hielt Telegraphie-Kurse ab, erwarb aber selbst keine Lizenz. Die Redaktion der „Radiowelt“ fungierte als QSL-Büro, bis der ÖVSV 1929 als Landesgruppe 14 dem DASD beitrat.[8] Jedes Mitglied erhielt nun eine DE-Nummer, Anderle, die „Ehren-DE“ DE5000. Er hat sie nie in Anspruch genommen.
1931 erschien Anderles zweites Fachbuch[9], in dem sich der Frühpensionist ausschließlich mit den technischen Grundlagen auseinandersetzt. Zu diesem Zeitpunkt war Anderle für den Verband sowohl zur „grauen Eminenz“ als auch zur Belastung geworden: Einer, der den Jungen im Weg stand.
Was macht man in einer solchen Situation? Man ernennt den ersten Mann zum Ehrenpräsidenten und schiebt ihn auf diese Weise elegant ab. So geschehen bei der Hauptversammlung 1932, als Carl Martin UO1CM an die Spitze des Verbandes rückt.
Im Ständestaat mischte Anderle offenbar immerhin noch mit: 1935 verfasst er einen Band der „Taschenbücher für den österreichischen Heimatschutz“.[10] Für uns verliert sich nun die Spur. Über die beiden letzten Lebensjahrzehnte hat die Forschung noch viel aufzuarbeiten.
Franz Anderle starb am 29. Juli 1957, im Alter von 83 Jahren, in Lienz, Osttirol. Er liegt am Ortsfriedhof von Silian begraben.

[1] Militärische Laufbahn zit. nach: Prikowitsch, Johann „Ing. Franz Anderle – Ein österreichischer Funkpionier“, in: FMTS forum, Heft 4/2001
[2] Ausführlich in: Sifferlinger, Nikolaus A. - „Auslaufen verspricht Erfolg; Die Radiotelegraphie der k.u.k. Kriegsmarine“, Wien: Verlag Österreich, 2000
[3] Anderle, Franz - „Lehrbuch der Drahtlosen Telegraphie und Telephonie. Allgemein verständlich und mit besonderer Berücksichtigung der Praxis“, Leipzig und Wien: Verlag Franz Deuticke, 1. Aufl. 1911, 2. Aufl. 1912, 3. Aufl. 1913, 4. Aufl. ??, 5. Aufl. 1921
[4] Die wichtigsten Anlagen des Heeres befanden sich in Sarajewo, Trient, Przemysl, Trebinje und Riva
[5] Ausführlich in: Pethö, Albert - „Agenten für den Doppeladler. Österreich-Ungarns Geheimer Dienst im Weltkrieg.“, Graz: Styria.
[6] Als 1921-23 die Österreichische Marconi-Gesellschaft, später Radio Austria, die Stationen Laaerberg und Deutsch-Altenburg übernahm, wurden alle Anlagen „zum Schrottwert“ abgebaut
[7] Mehr zur Geschichte des ÖVSV: qsp, Organ des ÖVSV, April 2001
[8] Die Lösung dieser Bindung erfolgt 1933 nach dem Machtantritt der NSDAP
[9[ Anderle, Franz - „Radio-Kurzwellen und ihre Eigenschaften“, 1931
[10] Anderle, Franz - Ausgabe Nr. 3, „Radio- und Telegraphendienst für Wehrverbände und Jugendgruppen“



<< zurück | < zur Übersicht


Dipl.-Ing. Dr.Techn. Otto Kermauner, EAPX, EAHK, UOHK, UOPX, UO6XT, OE6OK, OE-016, DEM 1096, DB4BXW, OE8ORK

Licht und Schatten eines Funkerlebens

Dipl.-Ing. Dr.Techn. Otto Kermauner, EAPX, EAHK, UOHK, UOPX, UO6XT, OE6OK,...zoomGeboren am 10. Jänner 1911 01. Noch ehe in Graz am 29. März 1925 der erste Zwischensender der RAVAG eröffnet wird, erwirbt er den Berechtigungsschein Nr. 7 zum Radioempfang, baut als Mittelschüler gemeinsam mit Freunden die ersten Empfänger, mit denen auch die Kurzwelle gehört werden kann. Die Maturaarbeit für Physik schreibt er über „Die Entwicklung und Beschreibung von modernen Funkempfangsanlagen.“ Sein Wunsch, Elektrotechnik zu studieren, lässt sich aus finanziellen Gründen nicht erfüllen, da es nur in Wien einen Lehrstuhl gibt. Er studiert an der TH Graz und schließt es 1935 mit dem Doktorat in Chemie ab02. Nach Heirat und Übersiedlung nach Villach wird er dort Professor an der HTL. Dem Amateurfunk widmet er sich seit 1926 und nennt sich zunächst EAPX („des schönen Rhythmus wegen“). Sein Selbstbau-0-V-1 mit einer A409 im Audion und einer transformatorgekoppelten B406 als Nf und ein „Hartley“ mit der Senderöhre B409 werden 1930 von der Post beschlagnahmt. Am 22. April 1932 erwirbt er nach abgelegter „Studiensenderbefähigkeitsprüfung“ das erste legale Rufzeichen, OE6OK03, muss aber fast zweieinhalb Jahre warten, bis das Technologische Gewerbemuseum seinen Wellenmesser geeicht hat und die behördliche Sendefreigabe erfolgt. Im ÖVSV ist er einer der Aktivsten. Als sich einige Funkfreunde aus der Region zusammentun, entsteht 1932 neben Wien („Landesgruppe 1“) die Landesgruppe 2 für das südliche Burgenland, die Steiermark und Kärnten. Kermauner nimmt regelmäßig am sonntäglichen Betriebsdienst teil, der nach dem Vorbild des DASD gestaltet wird, und organisiert Kurse und Veranstaltungen. Als im Februar 1934 der Bürgerkrieg ausbricht (für Kermauner ein „Putschversuch“) und in der Folge der Sektionsleiter Rudolf Weiland, UO6WR, ein Sozialdemokrat, die Leitung zurücklegen muss, übernimmt Kermauner. Mitte Mai werden die beschlagnahmten Stationen freigegeben, aber nach dem Juliputsch im selben Jahr wieder behördlich stillgelegt, diesmal jedoch bloß plombiert und im Oktober erneut zugelassen. Zu diesem Zeitpunkt ist Kermauner bereits einschlägig als illegaler Nationalsozialist tätig. (Später schreibt er: „Keiner von uns Amateuren hat irgendwie mit Politik etwas zu tun gehabt oder seine Fähigkeiten in den Dienst der Politik gestellt01." Reichweiten und Lautstärken steigen, von Telegrafie wird auf Telefonie übergegangen, es folgen Europa- und Überseeverkehr. 1935 erhält Kermauner, als zweiter nach Anton Habsburg, OE3AH, das Senderabzeichen. Am 14. März 1938 beschlagnahmen SS und Gestapo die gesamte Anlage und alles Material, das Rufzeichen wird aberkannt 04. Der ÖVSV ist aufgelöst man gehört nun zum DASD und erhält ein neues DE-Empfängerrufzeichen. Kermauner entwickelt besonderen Ehrgeiz, wird DEM (Deutscher Empfangsmeister) und erhält ein Leistungsabzeichen, als er im Betriebsdienst mehr Punkte sammelt als jeder andere deutsche Funkamateur. Die „Ostmark“ wird in zwei Landesverbände aufgeteilt, den LV S („Donaulande“) und den LV W („Alpenlande“ – Steiermark, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg), der zunächst von Prof. Dr. Otto Burkard, exOE6OB, geleitet wird, bis man Kermauner nach Berlin beordert und ihm die Landesverbandsführung überträgt. Am 21. September 1942 wird ihm vom Oberkommando der Wehrmacht die Kriegsfunksendegenehmigung D4BXW ausgestellt05, gleich ihm auch anderen Amateuren.

mehr >>





Carl Martin, ÖHL, EACM, UO1CM, OE1CM, OE033, DE1083, D4UAS

ÖVSV-Präsident 1932-1936

Carl Martin, ÖHL, EACM, UO1CM, OE1CM, OE033, DE1083, D4UASzoom(25. Dezember 1897 – 31. Oktober 1945) Das Handwerk lernte er als K.u.K. Marinefunker, sein Interesse als Vizepräsident im Internationalen Radio Club galt aber zunächst dem Rundfunk, und er wurde Gründungsmitglied des von Franz Anderle initiierten ÖVSV. Als klar wurde, dass Versuchssender für Radio nicht zugelassen werden, wandte er sich dem Amateurfunk zu, betrieb vorbildliche Stationen und zeichnete sich durch hervorragende DX-Verbindungen aus. Gemeinsam mit dem Berufsfunker Wilhelm Horak errichtete er den Sender ÖHL und baute ihn zum Austrian Calibration Service aus, das die exakte Frequenzmessung der Gegenstation ermöglichte. Als sich Anderle zunehmend dem Amateurfunk verschloss, sorgte Martin mit einigen anderen Kritikern für dessen Ablösung: Die Hauptversammlung 1932 ernannte Anderle zum Ehrenpräsidenten und wählte Martin zum Vorsitzenden. 1936 wurde Martin seinerseits abgelöst, nicht der Nähe zur mittlerweile verbotenen Sozialdemokratie wegen, wie die Legende berichtet, sondern weil Erzherzog Anton Habsburg, OE3AH, als Galionsfigur und großzügiger Mäzen im Ständestaat eher als opportun galt. „Auf allgemeinen Wunsch“, wie die elegante Formulierung lautete, wurde für Martin die Funktion eines 1. Vizepräsidenten geschaffen. Nach 1938 erhielt er die Kriegsfunkgenehmigung D4UAS und bewarb sich im April 1940 mit einer Arbeit über Tonfilter um den Titel eines Deutschen Sendemeisters. Dass er dank seiner beruflichen Kontakte als Textilkaufmann für Wollstoffe Kontakte zu den „Feindstaaten“ aufnahm, ist ebenfalls Legende. Vielmehr beschaffte er angeblich aus Lateinamerika Kristallquarze für die deutsche Wehrmacht*. Auch die tägliche Verbindung auf 40m mit „Bibo“ Bacsy hatte keinen politischen Hintergrund. Erst als dieser im April 1945 zu den Amerikanern überlief, stellte sich heraus, dass er Chef des Geheimdienstes der ungarischen Armee gewesen war. Bei der Wiedergründung des ÖVSV wählte die Außerordentliche Hauptversammlung am 11. Mai 1946 den neuen Vorstand. Carl Martin, als Präsident vorgesehen, war unerwartet, 48jährig, sieben Monate zuvor gestorben.

*Mitteilung OMR Dr. Karl Mick, OE1KM, 2001-08-01.
Quellennachweis: DokuFunk, Archiv ÖVSV, X.Mar-F1.0001ff




Anton Habsburg-Lothringen – OE1AH, OE3AH, OE5AH, YR5AH

ÖVSV-Präsident 1936-1938

25.08.11

Anton Habsburg-Lothringen – OE1AH, OE3AH, OE5AH, YR5AHzoomProminentester Funkamateur Österreichs war Anton Habsburg, Zeit seines Lebens auch von den Funkkollegen "Kai-Ho" tituliert, einer Kurzform von "Kaiserlicher Hoheit". Schon seit seiner Jugend hatte er sich für den Funk interessiert - so schrieb der Gymnasiast etwa während des ersten Weltkriegs "feindliche" Telegrafie-Depeschen mit. Später wollte der passionierter Flieger auch Flugfunk betreiben, was an behördlichen Problemen scheiterte. So kam er auf Umwegen Anfang der Dreißigerjahre zum Amateurfunk und wurde prompt zum Präsidenten des ÖVSV bestellt und als erster (und einziger) OE-Sendemeister ausgezeichnet: Im restaurativen Ständestaat war eine monarchische Repräsentationsfigur höchst gefragt. Nach seiner Rückkehr nach Österreich und bis zu seinem Tod blieb Anton Habsburg dem Funkhobby an der Morsetaste treu, bekleidete aber keine Vereinsfunktion mehr.

mehr >>





Erwin Heitler, EAMM, UOMM, UO1ER, OE013, DE1079, OE1ER

ÖVSV-Präsident 1945-1955

Erwin Heitler, EAMM, UOMM, UO1ER, OE013, DE1079, OE1ERzoomEiner von uns: Erwin Heitler, EAMM, UOMM, UO1ER, OE013, DE1079, OE1ER (*04.04.1910, †27.09.1988). Erwin entstammte einer gutbürgerlichen Wiener Familie. Rudolf Heitler, der Vater, betrieb einen Elektrohandel und wandte sich früh dem neuen Medium Radio zu. Das faszinierte auch den jungen Schüler. Er trat dem der Arbeiterbewegung nahestehenden Freien Radiobund bei und wechselte unmittelbar nach dessen Gründung zum ÖVSV, dem er 62 Jahre lang treu blieb, wie die Folge seiner die historische Entwicklung begleitenden Rufzeichen beweist. Schon mit 18 Jahren macht er sich selbstständig, und sein Fachgeschäft in der Wiener Neubaugasse, stets vollgeräumt mit Geräten und Ersatzteilen, erwarb bald legendären Ruhm: „Immer etwas schmuddelig, aber eine unerschöpfliche Schatzgrube und Ort endloser Ratschläge und Fachsimpeleien“, erinnert sich ein Stammgast. 1945, nach kurzem Kriegseinsatz, kehrte Erwin nach Wien zurück und wurde Mitinitiator der Neugründung des ÖVSV. Otto Habsburg, der letzte Präsident, hatte sich nach Rumänien abgesetzt, die Funktionäre der Nazi-Gaue waren mehr oder weniger belastet, also wollte man Carl Martin, OE1CM, berufen, der bereits 1932-36 an der Spitze gestanden war. Als Martin im November 1945 unerwartet starb, fiel die schwierige Aufgabe Erwin Heitler zu, dem stets Stillen, Verlässlichen im Hintergrund. In den zehn Jahren der Besatzungszeit leitete er mit Umsicht den Verband, dessen bescheidenen Möglichkeiten im Ringen um autonome Funkhoheit ihm nur allzu bewusst waren. Unauffällig umschiffte „Eddie“ (unlis OE1CD) die alliierte Zensur beim Versand der QSL-Karten, eingewickelt in mahnende Appelle gegen Schwarzfunkerei. Als ab 23. April 1954 endlich die Bewilligung zum Betrieb von Amateurfunkstellen ausgegeben wurde, erhielt er eine der ersten, sah seine Aufgabe erfüllt, übergab das Amt seinem Nachfolger Emmerich Rath, OE3RE, und widmete sich wieder ganz dem Hobby, das er trotz schwerer Herzkrankheit bis ans Ende ausübte. Das Dokumentationsarchiv Funk betreut einen Teilnachlass und hütet Erwins Morsetaste. Die wertvolle Polarfunk-Sammlung, wohl eine der bedeutendsten überhaupt, wurde, ehe sie dokumentiert werden konnte, von der Familie an Briefmarkensammler verkauft und ist daher für immer verloren.
(Quellennachweis: Archiv ÖVSV, Nachlass Heitler; QSL-Collection; DokuFunk Dokumentation)




Einer von damals: Ing. Emanuel Strunz, OE1EZ, OE1ES, OE3ES

18. Dezember 1911 - 18. November 2011: Pionier in zwei Epochen

Einer von damals: Ing. Emanuel Strunz, OE1EZ, OE1ES, OE3ESzoomDer dreizehnjährige Gymnasiast baut 1924 seine erste Empfangsanlage. Fünf Jahre später, 1929, legt er die Reifeprüfung am TGM, dem Technologischen Gewerbemuseum, ab, belegt bis März 1930 zusätzlich den abendlichen „Spezial-Lehrkurs Radiotechnik für Sendeamateure“, schließt mit sehr gutem Erfolg ab und darf von nun an den Berufstitel Ingenieur tragen. 1933, also mit knapp 22 Jahren, tritt Emanuel Strunz dem Österreichischen Versuchssenderverband (ÖVSV) bei, erhält zunächst die Hörernummer OE-083 und tritt am 5. Juli 1933 zur Prüfung an. Noch vor Erteilung des Rufzeichens funkt er heimlich, wird prompt erwischt, zahlt eine Geldbuße - und erhält im Mai 1934 das Rufzeichen OE1EZ. - Strunz wird 1935 zum Technischen Referenten des ÖVSV bestimmt und gleich von einem Mitglied namens "Anton" um Hilfe gebeten - es ist (Erzherzog) Anton Habsburg-Lothringen, OE3AH, der spätere ÖVSV-Präsident. - Zweimal wird die Funkanlage abermals beschlagnahmt: zunächst vorübergehend vom Ständestaat, dann definitiv nach dem "Anschluss", der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Der ÖVSV wird aufgelöst und geht im Deutschen Amateur Sendedienst, DASD, auf.

mehr >>


Einer von damals: Prof. Dr. Josef Fuchs, ÖAA, ÖFZ, UO1JF, OE1JF, OE007, DM1004

Einer der Pioniere

Einer von damals: Prof. Dr. Josef Fuchs, ÖAA, ÖFZ, UO1JF, OE1JF, OE007, DM1004zoomJosef Fuchs ÖAA, ÖFZ, EAAA, UO1JF, OE1JF, OE007, DEM1004 (*11. Jänner 1904 in Wien; † 9. April 1989 in Graz) war ein Pionier des österreichischen Amateurfunks. Schon als Student ist er 1923 als ÖAA (Foto, mit Eduard Rauscher) und ÖFZ unlizensiert unterwegs und von der Gründung an Funktionär im ÖVSV. 1929 fädelt er als Vizepräsident dessen Aufnahme als Landesgruppe 16 in den DASD ein und ist bis 1933 ihr Landesverkehrsleiter. 1928 reicht er das Patent für die nach ihm benannte und viel verbreitete hochohmig über einen Parallelschwingkreis („Fuchskreis“) abgekoppelte Langdrahtantenne ein. Der „Fuchs-Fasching“ das von ihm verfasste, von Franz Josef Fasching verlegte „Signalbuch für den Kurzwellenamateur“, ist von 1927 bis 1944 in sieben Auflagen (und späteren illegalen Nachdrucken) das Referenzwerk schlechthin und aus keiner Funkstation wegzudenken. Als nach 1953 die ersten Nachkriegslizenzen ausgegeben werden, hält man sein Rufzeichen frei. Aber berufliche Überlastung und vielleicht auch die fünfzehn Jahre Funkpause bewirken, dass sich OE1J F nicht mehr im Äther meldet.
Sein bescheidenes, verbindliches Auftreten mag einer der Gründe sein, dass man in unseren Kreisen seine eminente wissenschaftliche Bedeutung unterschätzt oder gar nicht erst wahrnimmt. Josef Fuchs interessiert sich schon früh für Astronomie, wendet sich später der Hochfrequenzphysik und Ionosphärenforschung zu und arbeitet in der Industrie, ehe er zu Lehre und Forschung berufen wird. 1936 bestimmt er mit Hochfrequenzwellen die Temperatur der Ionosphäre. 1938 wird er an der Universität Wien promoviert und als einer der ersten Radioastronomen 1946 für Geophysik und Meteorologie habilitiert. Ab 1947 leitet er die Abteilung für Allgemeine Physik am Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, wo er eine Methode entwickelt, Höhen und Entfernungen mit Hilfe von Radiowellen zu messen. 1949 konstruiert er die erste österreichische Quarzuhr. 1958 wird er zum ordentlichen Professor für Astronomie an die Universität Innsbruck berufen und ist bis zur Emeritierung 1972 Vorstand des Instituts für Astronomie und der Universitätssternwarte.

Abb.: Dokumentationsarchiv Funk. QSL Collection; unbez. Foto: ÖVSV-Jahresversammlung 1953 (45-III.F.1-00016); Patent: Archiv ÖVSV (X.OE1JF_D.1.0001); ÖAA: „Österreichs erster Amateursender“, Radiowelt´´ Nr.18/1926, S 42f




Einer von damals: Felix Gaggl, OE8FG - Erst arretiert, dann sehr hofiert

Bio in Stichworten: *29.12.1921. Mit 14 Jahren erster Eigenbau. Sendet Illegal mit I-Rufzeichen. 1938 Antrag um Aufnahme in den DASD, ab 1940 DE6872/W. 12.02.1941-09.02.1946 Reichsarbeitsdienst und Funkmeister bei der Wehrmacht. Besorgt im Urlaub den „ZAP“ nach dem Rundspruch der Kriegsfunkstelle D4BXW (OP: Otto Kermauner). Heimkehr und unlis als OE8BQ. Als SWL OE379. 02.1947-09.02.1954 Sendetechniker in britischen Diensten. Unter falschem Namen als MB9BA. 1952 Funktelegraphistenprüfung II. Kl. Wechselt zur neu gegründeten zivilen Luftfahrtbehörde. Senior Controller Flughafen Klagenfurt. Erteilt jahrelang Morseunterricht und Bauhilfe für alle. 1954 Sendegenehmigung als OE8FG ohne weitere Prüfung. 1962 Landesverbandsleiter von OE8. 1986 in Pension. †10.10.2004.

Die Gaggl-Story:
1945, nach seiner Entlassung, wurde Felix Sendetechniker bei der Sendergruppe Alpenland, dem Rundfunkdienst der britischen Besatzungsmacht in Klagenfurt. Dort, in deren HQ, tat der Offizier Reg Richards Dienst und sendete in der Freizeit mit einem illegalen I-Rufzeichen. Die beiden wurden von der britischen Funküberwachung bei einem QSO erwischt. Reg kam mit einer Verwarnung glimpflich davon, bei Felix kam die Militärpolizei zu Besuch. Die Funkstation wurde konfisziert – und dann fand man die beiden Armeepistolen in der Schreibtischlade. Felix wurde wegen illegalen Waffenbesitzes zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, musste aber bereits nach neun Monaten blitzartig entlassen werden: Die Mannschaft von BFN, dem British Forces Network, kam mit dessen BC610-Sender nicht klar. („Wer kennt sich aus?“ – „Ein Herr Gaggl.“- „Wo finden wir den?“ – „Hinter Gittern.“) Felix betrieb und wartete die Station bis zum Abzug der Briten. Und nebenbei war er, beinahe legal, unter fremdem Namen als MB9BA aktiv, das war das Rufzeichen des am Funk nicht interessierten Kollegen J.B. Hammond, den er überredet hatte, sich um eine MB9-Lizenz zu bewerben.




Einer von damals: Otto Kallir-Nirenstein, OE1OK

Einer von damals: Otto Kallir-Nirenstein, OE1OKzoomOtto Nirenstein (ab 1933 Kallir-Nirenstein, nach dem hebräischen Namen eines Familien-Zweiges) wird am 1. April 1894 in Wien geboren (1933 ändert er seinen Namen auf Kallir. Nirenstein – Homonym für Nierenstein – ist einer der spöttischen Namen, welche in der Habsburgermonarchie im 18. Jahrhundert jüdischen Familien zwangsweise zugeteilt wurde. Kallir war der hebräische Name eines Familien-Zweiges, den Otto nun selbst zu führen beschloss.) Er erlebt Kindheit und Jugend in einem großbürgerlichen Haus. Er entwickelt früh ein Faible für die Fliegerei, veröffentlicht mit 14 !) Jahren eine "Kleine Geschichte der Luftfahrt" und legt eine Luftfahrt-Sammlung an, die zu den bedeutendsten ihrer Art wird. Von 1912 bis 1914 und nach seinem Kriegseinsatz im Ersten Weltkrieg wiederum von 1919 bis 1920 studiert er an der Technischen Hochschule Wien, bricht aber das Studium der Ingenierwissenschaft ab und wendet sich von nuin an ganz dem Kunsthandel zu. 1919 gründet er in Wien den "Verlag Neue Graphik", 1923 die "Neue Galerie" ´(heute "Galerie nächst St. Stephan) und 1924 den "Verlag der Johannes-Presse". Er wirbt und verlegt bahnbrechend u.a. für Egon Schiele, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin und Richard Gerstl. Daneben studiert er Kunstgeschichte und promoviert 1931. Seine Liebe zur Technik ist ungebrochen, sofort mit der Freigabe der OE-Rufzeichen im Jänner 1934 tritt er dem ÖVSV bei und wird OE1OK. Seine Tätigkeit als Funkamateur währt allerdings nur kurz, denn nach dem Blaschek/Habsburg-Rundschreiben vom 12. März 1938 muss er als Nichtarier den ÖVSV verlassen. Aus "rassischen" Gründen und wegen seiner offenen Unterstützung der Regierung Schuschnigg wird er unmitelbar darauf zur Emigration gezwungen, die mit der Zwangs-Veräußerung der Luftfahrtsamlung und dem "Entjudungs-Erlös" aus dem Verkauf der Kunsthandlung finanziert wird. In Paris gründet er die "Galerie St. Etienne", emigriert 1939 weiter in die USA und gründet in New York die bis heute bestehende "Gallery St. Etienne". Auch wird er Leiter der österreichischen Flüchtlingsvereinigung Austrian-American League. Willibald Plöchl, der Gründer des Free Austrian National Council, macht ihn verantwortlich, für die Differenzen, die zwischen ihm und Otto Habsburg entstanden waren. Im Zusammenhang damit wird Kallir aus dem Umkreis Plöchls beim FBI beschuldigt, ein „früherer Agent Hitlers und Mussolinis“ gewesen zu sein und mit Raubkunst gehandelt zu haben. Er erleidet deshalb am 12. Dezember 1942 einen fast tödlichen Herzinfarkt; nach seiner langen Rekonvaleszenz scheidet er aus der Austrian-American League aus und hat von da an nichts mehr mit Politik zu tun. Das FBI stellt die Ermittlungen als auf Verleumdungen basierend ein. Kallir, einer der bedeutendsten Kunsthistoriker und Vermittler österreichischer Maler des 20. Jahrhunderts, stirbt am 30. November 1978 in New York.



01 - Porträt (Galerie St. Etienne, New York)
02 -Otto Kallir om Alter von 25 Jahren, von Bohuslav Kokoschka © linkext. Link
03 - QSL OE1OK (QSL Collection, Sammlung Patrick Rigg)
04 - Der Weltempfänger National NC125 in den USA (Jane Kallir)
05 - Visitenkarte (Antiquariatshandel)
06 - "Grandma Moses" von Oskar Kallir (Antiquariatshandel)
07 - Otto Kallir mit einem Exemplar von "Grandma Moses" (unbezeichnet)





QSL Collection - Dokumentationsarchiv Funk

Martin Thaller IT Dienstleistungen

Sponsor CMS

Martin Thaller IT Dienstleistungen