Findmittel N-Z


oe1_dc_2019

ORF Ö1 – #doublecheck

10.12.19

oe1_dc_2019zoomWie wird über die Medien Politik gemacht, wer profitiert? Worüber spricht das Netz, und was davon sollte uns interessieren?
Archivnummern: AP/m_mm1/oe1_dc_2019_(Sendedatum)
© ORF - Alle Anfragen zur Nutzung via ORF-Kundendienst


Datum Inhalt Dauer
04.01 Das "Spiegel"-Bild des Journalismus Der preisgekrönte "Spiegel" -Reporter Claas Relotius hat Geschichten erfunden. Ein Knalleffekt kurz vor Weihnachten und ein Tiefschlag für die gesamte Medienbranche, die sich ja ohnehin schon täglich gegen Lügenpressevorwürfe der Rechtspopulisten wehren muss. Anlass für #doublecheck nachzufragen, wie es um Faktenchecks und gründliche Recherchen in Österreich steht. Da lohnt sich auch ein genauer Blick auf die Austria Presse Agentur, die einen neuen Chefredakteur hat. Fälschen und Färben Handelt es sich bei der "Spiegel"-Affäre um einen Einzelfall eines kriminellen Kollegen, der dem Erfolgsdruck und der Versuchung der perfekten Geschichte nicht standhalten konnte? Oder gehört Färben und Fälschen zum Geschäft, öfter als man meinen möchte? Was kann die Branche aus dem Fall Relotius lernen? Redaktionen müssen sparen, es gibt immer weniger Auslandskorrespondenten. Medien sind angewiesen auf die gute Arbeit von wenigen Kollegen und Kolleginnen und natürlich auf die Nachrichtenagenturen. Eine Dokumentationsabteilung mit Faktencheckern wie es der "Spiegel" hat, kann sich in Österreich auch kein Medium leisten. Faktenchecken als Geschäftsmodell Die Lücke ist Grundlage für das Geschäftsmodell der Rechercheplattform "Dossier", sagt etwa ihr Chefredakteur Florian Skrabal. Auch das Projekt "Addendum" von Red-Bull-Gründer Mateschitz versteht sich als Faktenlieferant für Medien, die das selbst nicht mehr leisten können oder wollen. #doublecheck hat das erste ausführliche Interview mit Geschäftsführer Niko Alm. Was macht einen guten Faktencheck aus? "Die Presse" zum Beispiel will nachdenken, wie die Qualität der Kontrolle verbessert werden kann, und doch weiß Chefredakteur Rainer Nowak, dass er letztlich immer auch auf Vertrauen angewiesen ist. Bei "Dossier" wird jede Recherche dokumentiert und die Arbeit der Kollegen hinterfragt. Keine Ehrenbeleidigung, sondern professionelles Selbstverständnis, heißt es dort. Die APA und ihr neuer Chef Journalismus unter Erwartungsdruck, das ist ein strukturelles Phänomen. #doublecheck schaut da zum Beispiel auf den "Kurier" und dessen neue Linie. Oder auf die vorweihnachtliche "Heldengala" im ORF. Dass die Austria Presse Agentur einen neuen Chefredakteur hat, gehe jedenfalls nicht auf politische Wünsche zurück, sagt ihr Geschäftsführer Clemens Pig. #doublecheck hinterfragt auch, ob die APA online zu mächtig ist. Viele Zeitungen und auch orf.at veröffentlichen täglich Dutzende APA-Geschichten. In Print und Rundfunk versuchen sich die Redaktionen inhaltlich abzuheben. Trügt der Eindruck eines Zwei-Klassen Journalismus - und welche Folgen hat die Macht der APA für Branche? 24:56
18.01 doublecheck-Update: Wie arbeiten internationale Nachrichtenagenturen? Die Eigentümer und Geschäftsmodelle von Reuters n Co. Spardruck auch auf den letzten großen News-Netzen. 10:51
01.02 Laute Sprüche und leise Deals Die Regierungsparteien verhandeln unter strengster Geheimhaltung über ein neues ORF-Gesetz. Eine der entscheidenden Fragen ist: Bleibt das System der Gebührenfinanzierung oder schafft sich die Politik noch mehr Zugriff auf den ORF über das Budget? Was heckt die Regierung da in den Hinterzimmern aus, während sie auf offener Bühne kampfrhetorisch alle Register zieht - speziell wieder beim Ausländerthema? Die ORF-Reform & die Länder Bis zum Sommer soll das neue ORF-Gesetz auf dem Tisch liegen, weitreichende Änderungen sind im Gespräch. Die FPÖ hat besonders die Gebührenfinanzierung im Visier, sie stellt sich eine Finanzierung aus dem Budget vor, was den ORF noch mehr vom Wohlwollen der Regierungsparteien abhängig machen würde. Wenn man nachfragt, stößt man noch auf eine Mauer des Schweigens. Wir beleuchten die Rolle der Bundesländer, denn die haben mehr Einfluss auf die Entscheidung, als man meinen möchte. Das zeigt das #doublecheck-Interview mit Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer von der ÖVP. Blauer Bulle, schwarzer Bulle Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ liefert gerne verbalen Zündstoff, zum Beispiel seinen jüngsten Sager: "Das Recht muss der Politik folgen." ÖVP-Obmann Bundeskanzler Sebastian Kurz kommt dann immer die Rolle des Beschwichtigers zu, der Harmonie in der Koalition herausstreicht. Aber auch Kurz kann zündeln und elegant kontern. Aussagen werden geschickt platziert, Botschaften werden aufgeteilt. Wir nehmen die "Guter-Buller-böser-Bulle"-Rhetorik von ÖVP und FPÖ unter die Lupe, die maßgeblich vom Psychotherapeuten und Kampfrhetorik-Trainer Ferdinand Stürgkh geprägt wird. #doublecheck hat mit Stürgkh gesprochen, und er sagt: Sprachbilder sind mehr wert als Fakten. Das importierte kalte Kalkül Eine beispiellose Serie von Gewaltverbrechen gegen Frauen innerhalb weniger Wochen - und die Regierung liefert eine einfache Erklärung: Die Ausländer, die ab 2015 nach Österreich gekommen sind, haben die Gewalt importiert. Wir haben die Aussagen dazu analysiert. Dazu kommt auch noch ein Medienversagen: Die Berichterstattung über die Bluttaten strotzte vor Verharmlosungen, Täter-Opfer-Umkehrungen und fragwürdigen Wort-Schöpfungen. Wir schauen uns an, welche Folgen das hat. 24:57
01.03 Wenn der Millennial-Kanzler eine Reise tut Sebastian Kurz hat als erster Kanzler seit dreizehn Jahren den Präsidenten der USA besucht, und dieses Ereignis war den österreichischen Medien alle Aufregung wert. Rund 20 Journalisten sind bei dem Kurz-Besuch in Washington dabei gewesen, die Berichterstattung über den "Millennial-Kanzler" (© Rainer Nowak, Chefredakteur "Die Presse") war zum Teil überschäumend. #doublecheck hat mit Teilnehmern gesprochen und schaut hinter die Kulissen dieser speziellen Journalisten-Reise, die für den Österreich-Korrespondenten des Düsseldorfer Handelsblatts ein "Highlight der medialen Machtdurchdringung" war - das klingt freundlich, ist aber beinharte Kritik an der österreichischen Mediensituation. Medienförderung via Flug und Hotel Der Umgang der Politik mit den Kosten, die durch begleitende Medienvertreter entstehen, wirft ein Licht auf den bedauerlichen Zustand der österreichischen Medienförderung. Wenn manche Ressorts wie auch das Bundeskanzleramt einen Teil der Kosten für die Redaktionen übernehmen, dann gilt das als eine Art indirekter Medienförderung - weil sich, wie argumentiert wird, sonst viele Medien diese Reisen nicht leisten könnten. Der Rechnungshof hat für solche Reisekosten-Zuschüsse schon 2017 mehr Transparenz und klare Kriterien gefordert, passiert ist da bisher nichts. Die ARD und der Schuss ins Knie Die Debatte über die Öffentlich-Rechtlichen erreicht in Deutschland gerade wieder einen Höhepunkt. Dort haben die Zeitungsverlage seit Jahren vor allem die ARD im Visier, die hat sich mit einer Studie der Linguistin und Framing-Expertin Elisabeth Wehling gewappnet, die geheim bleiben sollte - es aber nicht geblieben ist. "Medienkapitalistische Heuschrecken" für private Medienkonzerne ist nur ein Kampfbegriff, der in dem 90-seitigen Manual der ARD vorgeschlagen wird. Die zahlreichen Kritiker der ARD - auch im eigenen Haus - sprechen von Manipulation, die als Munition gedachte Studie wird zum Schuss ins Knie und tut der Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender nichts Gutes. Noch lange nicht alles Copy-right Wie können traditionelle Medien gegen die Internetgiganten bestehen und verhindern, dass diese mit fremdem Content Geld verdienen? Nach zwei Jahren Tauziehen liegt ein gemeinsamer Vorschlag von EU-Parlament, Rat und EU-Kommission für ein europäisches Urheberrecht vor. Das Ziel der Reform ist klar: Onlineplattformen wie YouTube sollen Kunst- und Medienschaffende fair vergüten, wenn ihre Inhalte im Netz verwendet werden. Die Befürworter sagen: Endlich gibt es Gerechtigkeit. Die Kritiker sehen den Tod des freien Internets gekommen. #doublecheck ist auf die Suche nach Argumenten hinter der ungebrochenen Aufregung gegangen. 24:57
05.04 Medienorgeln und Misstöne Die größten Medienhäuser des Landes werden von mittleren bis schweren Beben erschüttert. Der ORF wartet gebannt auf die von der Politik mit viel Begleitmusik angekündigten Änderungen - von der Finanzierung über die entscheidenden Rahmenbedingungen für die Online-Berichterstattung bis hin zur Frage, wer das Unternehmen in Zukunft führen wird. Die "Kronen Zeitung" wiederum steht im Banne eines Eigentümerstreits, der nicht im Hinterzimmer, sondern auf dem Balkon zur Straße hin ausgetragen wird. #doublecheck zeigt auf, was hinter den Schaukämpfen steckt. Die Dichands und der Geschäftemacher In der "Krone", die wie der Kurier seit November einen neuen Teileigentümer hat, nämlich den Tiroler Immobilieninvestor Rene Benko, werden die Kämpfe öffentlich ausgetragen. Nicht nur im eigenen Blatt wird gegen Benko geschossen, auch in der Heute-Zeitung von Eva Dichand - die bisher stets betont hat, dass die beiden Boulevard-Riesen nichts miteinander zu tun hätten. Aber es geht um viel Geld, zehn Millionen im Jahr als garantierter Gewinn für die Dichands stehen auf dem Spiel, da kann die Familie schon einmal zusammenhelfen. Der Ausgang des Kräftemessens, in dem Spesenvorwürfe gegen Christoph Dichand eine neue Eskalation bewirkt haben, ist offen. Der ORF und die politischen Punktemacher Offen sind auch viele Fragen zur Zukunft des ORF. Die Diskussion über die Gebührenfinanzierung ist von Seiten der Regierung jetzt einmal auf Eis gelegt worden, diese Frage soll ausdrücklich nicht mit der kommenden Novelle zum ORF-Gesetz geklärt werden, sondern erst in zwei Jahren. Die Landeshauptleute haben vorerst ein Machtwort zugunsten der Gebührenfinanzierung gesprochen. Das Thema hängt freilich weiterhin wie ein Damoklesschwert über dem ORF, und es wird immer wieder als politisches Druckmittel eingesetzt - entweder direkt oder über die Bande der Boulevardzeitungen, die gern gegen den ORF Stimmung machen. Berater haben blinde Flecken beleuchtet Es gibt aber auch eine Verschnaufpause, die der ORF nützen kann und will, um sich besser aufzustellen und die Akzeptanz beim Publikum auszubauen - dazu bekennt sich Generaldirektor Alexander Wrabetz, der die Schweizer Beraterfirma Fehradvice an Bord geholt hat. Die haben schon erfolgreich die Schweizer SRG beraten und jetzt die blinden Flecken im ORF ausfindig gemacht. An denen soll jetzt unverzüglich gearbeitet werden, mit dem Ziel: Wir wollen in zwei Jahren eine fiktive Volksabstimmung über den gebührenfinanzierten ORF gewinnen. Derzeit wäre das nicht ausgemacht, sagen die Berater. Keine Flotte ohne Flaggschiff Der ORF soll zum Partner der privaten Medien werden. So das Credo von Medienminister Gernot Blümel von der ÖVP - er will eine österreichische Lösung, die allen die Finanzierung sichert. Was das genau bedeutet, ist unklar, aber in der Diskussion schwingt mit: Wenn der ORF schlanker wird, dann bleibt für die anderen Player am österreichischen Medienmarkt mehr - mehr Geld und mehr Aufmerksamkeit. Das könnte sich wirtschaftlich als Trugschluss erweisen, sagen Werbeexperten. Denn hat der ORF weniger Geld, hat er auch weniger Programm, und dann wird der TV Werbemarkt für große internationale Konzerne weniger interessant, weil sie in Österreich weniger Kunden erreichen. Darunter würden letztlich auch die privaten TV-Sender leiden. Kurzfristige Zugewinne bei den Privaten landen in den Taschen von internationalen Aktionären. 24:44
11.04 doublecheck-Update: Match der Krone-Eigentümer: Rene Benko hat gesprochen. Debatte über Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender in halb Europa. Dramatik bei Danmarks Radio. Die durchlöcherte GIS-Gebühr und die Blümel-Idee mit der Haushaltsabgabe. 20:47
03.05 Wie reden mit Rechtsextremen? Überhaupt mit ihnen reden, wenn sie nur das Gespräch zerstören wollen? Und darf Satire bei dieser heiklen Themenlage auch immer alles? 24:57
16.05 doublecheck-Update: Das Psychogramm einer Distanzierung. Der ORF, Böhmermann und die Kritiker. Was müssen Kulturjournalisten leisten, wenn es politisch wird? 18:11
07.06 Der Journalismus erlebt sein Ibiza Wir wollen eine Medienlandschaft ähnlich wie der Orbán aufbauen", hört man Heinz-Christian Strache im berühmten Ibiza-Video sagen. Und er erläutert im Detail, wie er sich das vorstellt. Natürlich den ORF schwächen, aber auch: die "Kronen Zeitung" verschachern, dort - zack, zack, zack - aufräumen und das Blatt so gezielt für parteipolitische Zwecke einsetzen. Ein politischer Offenbarungseid, der Schockwellen ausgelöst hat. #doublecheck hat sich angesehen, was das mit den Medien, dem ORF und speziell mit der "Kronen Zeitung" gemacht hat. Die "Krone" will anständiger werden Die "Kronen Zeitung" hat den Kurs der gescheiterten Bundesregierung anfangs begeistert unterstützt, die Online-Ausgabe des Boulevard-Blatts war in einer offenen Allianz mit der FPÖ. Man hat an deren Stärke auf Facebook mitgenascht und dafür Inhalte nach dem Geschmack der Freiheitlichen forciert. Zum Teil sind Redakteure und Kolumnisten der "Krone" Regierungsvertretern geradezu zu Füßen gelegen. Einen ersten Dämpfer erhielt die Euphorie, als der mit der Regierung gut vernetzte Immobilieninvestor René Benko bei der Zeitung einstieg, was von der Redaktion als feindlicher Übernahmeversuch gewertet wurde. Mit Ibiza kam dann die Ernüchterung, die "Kronen Zeitung" wandte sich von der FPÖ ab, schreibt ihre Unabhängigkeit groß und wendet auch ihre Hauspolitik: Offenheit ist die neue Devise. Im #doublecheck-Interview sagt Chefredakteur Klaus Herrmann, was sich in der "Krone" jetzt alles ändern soll. Und Experten erläutern, was von dem Schwenk zu halten ist. Ein Video lässt das Netz kopfstehen Das Ibiza-Video hat sich über soziale Netzwerke rasant verbreitet. Was praktisch jeder gesehen hat, schafft Fakten. Und so hat das Netz hat in der Regierungskrise eine zentrale Rolle gespielt. Die FPÖ bekommt Rückenwind von den Identitären und spitzt ihr Motto zu: "Jetzt erst recht." In Folge bekommt der geschasste FPÖ-Chef Heinz Christian Strache genug Vorzugsstimmen für ein EU-Mandat. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz geht nach seiner Absetzung als Kanzler sofort in den Wahlkampfmodus und greift dafür auch tief in die Tasche. Die SPÖ hinkt in diesem Wettlauf hinterher, findet weder Botschaft, noch Bilder, die sich gut verbreiten. Das Netz zeigt sofort und gnadenlos: Wer kommt mit welcher Botschaft an? Weniger deutlich ist, wieviel Geld die Parteien in ihre Auftritte stecken, und über welche Wege. #doublecheck macht einen Blick hinter die Strategien und fragt: Wie kann Wahlkampffinanzierung im Netz transparenter werden? Ein YouTuber schlägt die Politik k.o. Noch ein Video hat dieser Tage für Furore gesorgt. In Deutschland nimmt der YouTuber Rezo in seinem Video-Hit die Klimapolitik der CDU nach allen Regeln der Kunst auseinander, das Video wird wenige Tage vor der EU-Wahl millionenfach geklickt und geteilt. Die beinharte Meinungsmache in der vernetzen Online-Welt erwischt Politik und Medien eiskalt. Während die traditionellen Parteien an der Urne abgestraft werden, fragen sich die Medien, weshalb einem 26-jährigen YouTuber das gelingt, worum sie seit Jahren kämpfen: mit jungen Menschen auf Augenhöhe zu kommunizieren. 24:55
28.06 doublecheck-Update: Ibiza-Video und die Folgen. Kronen Zeitung nimmt ihre bisher sehr FPÖ-freundliche Online-Ausgabe an die Kandare. krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt nach Beurlaubung kaltgestellt. 08:42
05.07 Zwischen Drohkulisse und Nebelwand Schluss mit dem Klein-Klein in der Medienpolitik, hat Ex-Medienminister Gernot Blümel von der ÖVP als Devise ausgegeben. Nicht mehr und nicht weniger als den großen Wurf im Kampf um die österreichische Identität im Zeitalter der Internet-Giganten - das war das, was Blümel wollte. Es ist beim Wollen geblieben - und das nicht nur deshalb, weil sich die Regierung nach Ibiza in die Luft gesprengt hat. Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher. Straches Torpedo namens GIS-Gebühr Es war Heinz-Christian Strache, der die Verhandlungen über ein neues ORF-Gesetz immer wieder mit dem Gebührenthema befrachtet und damit letzten Endes torpediert hat. Ein Aus für die verhasste GIS-Gebühr, das war für Strache mindestens so eine Fahnenfrage wie die Raucherlaubnis in Lokalen - die diese Woche im Nationalrat erst recht gefallen ist. Zuletzt hat es zwar einen Entwurf in Sachen ORF gegeben, der hat das Büro Blümel aber nie verlassen. Nicht einmal die FPÖ war informiert. Klientel-Bedienung statt Medienpolitik Es sind auch medienpolitisch wichtige Beschlüsse gefallen, allerdings auf Zuruf von Interessengruppen wie den Verlegern. So hat die Regierung in einer Nacht- und Nebelaktion die Zeitungszusteller per Gesetz zu Selbstständigen ernannt. Das gilt seit 1. Juli rückwirkend und befreit die Medienhäuser von der nicht unberechtigten Sorge über drohende Millionen-Nachzahlungen an die Krankenkassen. Weiters gibt es mehr Fördergeld für Privatsender wie oe24.TV von Wolfgang Fellner und neuerdings auch TV-Formate der "Kronen Zeitung". Auch hier wieder mehr Klientelpolitik als großes Design. Eine Frau allein gegen den Boulevard-Riesen Auch keine Fortschritte hat es im Kampf gegen Hass im Internet gegeben, sieht man von Ankündigungen ab. Das "Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz" ist im Entwurf-Stadium steckengeblieben - viele sagen: zum Glück. Den Kampf gegen Hass-Poster führen indessen Aktivistinnen wie Jolanda Spiess-Hegglin. #doublecheck hat sich den Fall der Schweizer Ex-Politikerin angesehen, die nach einer Vergewaltigung unter ungeklärten Umständen zum Medienopfer und zur Hass-Zielscheibe geworden ist. Spiess-Hegglin wehrt sich und will bis zum Äußersten gehen: Sie wird den Boulevard-Riesen "Blick" wegen Persönlichkeitsverletzung auf Herausgabe des Gewinnes klagen, den die Zeitung mit vielfach erfundenen Geschichten über ihre Person gemacht hat. Das wäre ein medienrechtlicher Meilenstein. 24:56
02.08 Von Marktwerten und Hungerlöhnen Unter welchen finanziellen Rahmenbedingungen arbeiten Journalisten und Journalistinnen? Wie hart ist der Einstieg in den Beruf? Und was machen die Stars der Branche eigentlich so nebenbei? Marktwerte Wenn Journalisten länger im Geschäft sind, dann genießen sie Bekanntheit, vor allem wenn sie fürs Fernsehen arbeiten. Viele verdienen sich zum Beispiel mit Moderationen viel Geld dazu. Da entsteht ein Marktwert, der für Unternehmen und Organisationen interessant ist. Aber auch für die Medienunternehmen selbst. Wir haben uns angeschaut, wie die Branche damit umgeht. Wo gibt es Interessenskonflikte? Wie sensibel das Thema ist, sieht man auch daran, dass nur wenige offen darüber reden. Hungerlöhne Viele Journalisten müssen kleinere Brötchen backen, vor allem junge Kollegen und Kolleginnen, die frei arbeiten. Weil alle Medienhäuser vom digitalen Wandel betroffen sind und Kosten senken, sparen sie immer mehr auch beim fix angestellten Personal. Das gilt für den ORF genauso wie für alle anderen Medienunternehmen. Wer dennoch im Journalismus Fuß fassen will, braucht einen langen Atem. Ist Journalismus ein Traumberuf, den man sich leisten können muss? Und was bedeutet das für Qualität der Berichterstattung? Der Filzmaier Faktor Das Wirtschaftsmagazin TREND hat Mitte Juni eine Titelgeschichte über Peter Filzmaier gemacht, der durch seine Analysen im Fernsehen und bei uns in den Ö1-Journalen sehr bekannt ist. Diese Bekanntheit macht sich bezahlt, hat man in der Story über den Unternehmer Filzmaier lesen kann. #Doublecheck hat Filzmaier gefragt, was er beim ORF wirklich verdient. 25:12
06.09 Elefanten-Fakes und Hintermänner "Alles nur Vermutungen. Und vor dem Hintergrund von Vermutungen und Nicht-Wissen wird Österreich wählen." So beschreibt Anneliese Rohrer, die Doyenne des innenpolitischen Journalismus, im Interview mit #doublecheck den laufenden Wahlkampf. Der ist so beispiellos wie die Affäre, die ihn ausgelöst hat. Der ganze Wahlkampf ist von Ibiza und den Folgen durchzogen. Sommergespräche und Minister-Interviews standen im Bann der Ermittlungen der Justiz und der Enthüllungen durch die Medien. Und das war erst der Anfang. JournalistInnen im Schützengraben Insgesamt sieben sogenannte Elefantenrunden - also Konfrontationen aller sechs Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl - gehen diesmal über die Bühne, den Auftakt hat die Ö1-Sendung "Klartext" gemacht. Ein Rekord, obwohl die Wahlberichterstattung der Sender und der Zeitungen auch 2017 schon durchaus üppig war. Das Elefanten-Trompeten während des ORF-Sommergesprächs mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner - ein Marketing-Gag für ein Koffeingetränk - war sozusagen Programm. Das Rahmenprogramm dazu ist eine Art Schützengraben-Journalismus, in dem sich Qualitätsblätter gegenseitig Parteinähe vorhalten und Qualitätsjournalistinnen aus dem Rahmen fallen. Und die "Kronen-Zeitung" spielt nach dem Bruch mit der FPÖ eine ganz eigene Rolle. Blogger als Investigativ-Journalisten Munition für den Wahlkampf haben nicht nur Investigativ-Journalisten der Wochenzeitung "Falter", vom "Standard", von Ö1 und ZIB2 geliefert. Erstmals spielen auch bisher unbekannte und eigens neu gegründete Internet-Seiten eine Rolle im Wahlkampf. Etwa die "eu-infothek", die sich der Suche nach den Hintermännern der Ibiza-Affäre verschrieben hat, oder "zoom", das mit Enthüllungen über das Umfeld von Sebastian Kurz Furore machen möchte. Die Seite "Zackzack" wurde nach Ibiza von der Liste JETZT ins Leben gerufen, dort will man linken Boulevard machen, um den Boulevard - wie betont wird - nicht den Rechten zu überlassen. #doublecheck hat mit den Betreibern der Seiten gesprochen. Die Frau Hörbiger und der Herr Kurz Großes Kino zur Eröffnung des Online-Wahlkampfs: Schauspielerin Christiane Hörbiger hat sich in einem Video in Herr-Karl-Manier als Unterstützerin von Sebastian Kurz präsentiert und die baldige Rückkehr des ÖVP-Obmanns als Kanzler beschworen. Ein Hit im Netz, wie aus dem Lehrbuch für Online-Kampagnen. Die SPÖ bemüht sich, hat aber immer noch Aufholbedarf. Und die FPÖ droht ihren Vorsprung, den sie dank der Strache-Facebook-Seite hat, zu verspielen. Nachdem der Namensgeber der Seite auf Ibiza seine politische Karriere verspielt hat. 24:57
04.10 Blaue Seiten in grünen Zeiten Heinz-Christian Strache ist Geschichte, die Affäre um seine üppigen Spesen hat die FPÖ am Ende komplett abstürzen lassen. Die Partei konnte nicht dagegenhalten, weil ihr ein rauer Wind aus der Kronenzeitung entgegenbläst - und weil mit der Facebook-Seite von Strache der zentrale freiheitliche Kommunikationskanal weggebrochen ist. Das über zehn Jahre aufgebaute blaue Medienimperium ist schwer beschädigt. Ob es wieder zu alter Größe gelangen kann, das ist fraglich. Das Ende der medienpolitischen Harmonie Zu neuer Größe gelangt sind jedenfalls die Grünen, und sie haben sich damit zu einem aussichtsreichen Koalitionspartner der ÖVP gemausert. Eine gemähte Wiese ist das freilich nicht, das zeigt sich in den großen Fragen wie Klimaschutz ebenso wie im Kleinen: wenn etwa die Mediensprecher von ÖVP und Grünen bei den Medientagen aufeinanderprallen. Der ORF-Player und was er können wird Keine Digitalstrategie für den ORF, bei der die Privaten nicht mitreden dürfen? Das hätten die Privatsender gern. Die haben eigene Streaming-Plattformen, um Netflix und Amazon etwas entgegenzusetzen. Über diese Plattformen soll auch der ORF seine Inhalte ausspielen, so der Wunsch der Betreiber. Dabei ist der ORF-Player das Herzstück der Digitalstrategie, eine Weiterentwicklung von ORF.at - im Volksmund auch die blaue Seite genannt. Wir haben uns angeschaut, was der Player können soll und wie darüber diskutiert wird. Gesinnungstäter: Sind Journalisten zu links? Sollten es die Grünen in die Regierung schaffen, beginnt auch eine spannende Beobachtung: Gehen Journalisten und Journalistinnen mit den Grünen gleich hart ins Gericht wie mit ÖVP und FPÖ? Studien zeigen uns ja: Ein Großteil der Journalisten beschreibt sich als politisch links und viele sympathisieren mit den Grünen. Sind zu viele Journalisten also auf dem linken Auge blind? Bildet der Journalismus das rechte Meinungsspektrum zu wenig ab? #doublecheck hat nachgefragt, was wir über die politische Sozialisation der Kollegen und Kolleginnen wissen und was das bedeutet. 24:55
08.11 Wenn sich eine Branche preist Journalistenpreise gibt es auf der ganzen Welt, vom berühmten Pulitzer-Preis in den USA bis zum deutschen Reporterpreis, den unter anderem ein gewisser Claas Relotius gleich vier Mal bekommen hat. Dass da eine ehrenwerte Jury wiederholt einem Hochstapler und Betrüger aufgesessen ist, zeigt drastisch, wie problematisch solche Auszeichnungen sein können. In Österreich sind Preise in der Medien-Branche dessen ungeachtet sehr beliebt und besonders weit verbreitet. Welchen Wert haben sie? #doublecheck wirft einen kritischen Blick auf die Szene der Preise und Rankings. Moderation und Gestaltung: Rosanna Atzara, Nadja Hahn und Stefan Kappacher. Wilder Streit um Gatterer-Preis Anlassfall ist die heftige Auseinandersetzung, die gerade um den Claus-Gatterer-Preis tobt. Der Tiroler Blogger und Aufdecker Markus Wilhelm hat den renommierten Preis heuer zuerkannt bekommen, ihn aber nicht angenommen und durch Veröffentlichungen über den Österreichischen Journalisten Club - ein Verein, der den Gatterer-Preis und den Karl-Renner-Publizistikpreis vergibt - Zweifel an dessen Lauterkeit geweckt. 29 ehemalige Gatterer-Preisträger haben den ÖJC daraufhin aufgefordert, den Preis nicht mehr auszurichten. Doch der Journalisten Club denkt nicht daran, den markenrechtlich geschützten Preis herzugeben. Selbstreinigung oder Selbstbeschädigung, das ist hier die Frage. Geschäftsmodelle und PR-Gags Der Gatterer-Preis sei zu einem Geschäftsmodell verkommen, wo es nur noch darum gehe, möglichst satte Einnahmen aus Sponsorengeldern zu lukrieren. Das ist der Vorwurf, der im konkreten Fall von den Herren des Preises zurückgewiesen wird. Wenn ein Branchenmagazin sein alljährliches Ranking von Medienmanagern und Journalisten macht, dann ist das aber jedenfalls ein Geschäftsmodell - auch wenn argumentiert wird, dass damit die Qualität des Journalismus gestärkt werden soll. Und wenn ein Werbemagazin ein Journalisten- und Journalistinnen-Ranking macht, bei dem der Chefredakteur des mittlerweile eingestellten rechten Magazins "Alles Roger" auf Platz drei gelandet ist, dann stellen sich viele die Frage, ob das die Branche nicht doch mehr schwächt als stärkt. Medienlöwinnen in der Manege Die Palette an Preisen in der Medienbranche ist breit und bunt. Die erst diese Woche wieder vergebenen "Medien-Löwinnen" sind initiiert worden, um Frauen vor den Vorhang zu holen - und der männer-dominierten Preis-Szene etwas entgegenzusetzen. Sogar die Bundeskanzlerin war diesmal dabei und hat gesprochen, allein das war schon ein Statement. Es gibt in Österreich aber auch eine Vielzahl von Preisen, die von Unternehmen, NGOs und anderen Lobby-Gruppen vergeben - und von Journalisten angenommen werden. Es ist oft ein schmaler Grat, auf dem Preisträger da wandeln, wenn die professionelle Distanz der Eitelkeit geopfert wird. 24:54
06.12 Message Control in Grün? ÖVP und Grüne sondieren und verhandeln seit Wochen über eine Regierungszusammenarbeit, der Zeitungsboulevard vertreibt uns die Zeit mit dem vorweihnachtlichen Basteln von Ministerlisten, aber inhaltlich ist praktisch nichts aus den Verhandlungen nach außen gedrungen. Diese Koalitionsdisziplin der Grünen, bevor es überhaupt eine Koalition gibt, lässt die einen staunen, die anderen machen sich Sorgen um diese Partei, die doch Basisdemokratie und Transparenz in ihrer DNA hat. #doublecheck versucht zu ergründen, ob das nach einem erfolgreichen Abschluss so weitergehen wird. Die Basis will den Widerstreit Die Pragmatiker um Grünen-Chef Werner Kogler haben mit dem einstimmigen Ja zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP den Grundstein gelegt, um die Mission Impossible zu einem für das Land guten Ende zu bringen, wie es heißt. An der grünen Basis befürchten viele, dass daraus ein dickes Ende für die Partei wird. Gemeinsames Wording und Message Control durch das Team Kurz inbegriffen. Aber nur wenige sprechen es aus wie der junge Innsbrucker Gemeinderat Dejan Lukovic. Er fordert öffentlichen Widerstreit, der das Wesen der Politik sei. Und koalitionsfreien Raum dafür. Die Verhandler sind noch cool Verhandler wie Michel Reimon versuchen zu beruhigen: Eine Message Control wie in der Regierung Kurz I werde es sicher nicht geben, auch wenn man sich bezüglich Kommunikation und Abstimmungen im Parlament Regeln geben müsse. Auch um das eigene Verhandlungsergebnis zu schützen, wie Reimon es nennt. Das neue Zauberding heißt: diszipliniert Unterschiede aufzeigen. Der Anwalt Alfred Noll, bis vor kurzem auch Abgeordneter beim aufgelösten Grün-Konkurrenten JETZT, wünscht Kogler & Co. viel Glück. Es sei gerade für die Grünen schwer, sich den kommunikativen Vorgaben der Kurz-Leute zu entziehen. "Die sind es nicht gewohnt zu herrschen", sagt Noll. Wo der Begriff herkommt Die vielzitierte Message Control, das ist eigentlich ein sogenanntes Framing. Der Begriff, der so eng mit der schwarz-blauen Koalition bis Ibiza verbunden ist, transportiert nämlich mit, dass die Politiker die Medien und Journalisten längst unter Kontrolle haben. Das hätten die Politiker gern, wie Aussagen belegen, aber es ist zumindest in Österreich nicht so. Im Nachbarland Ungarn schaut das ganz anders aus - und am Anfang stehe immer die Message Control, warnt der Journalist Martón Gergely. Man müsse das ernst nehmen, wenn Kommunikation politische Inhalte zu ersetzen beginne. Wo die Kontrolle herkommt Wirtschaftsjournalisten kennen das Prinzip der kontrollierten Kommunikation nur allzu gut. Besonders in den USA ist man mit Journalisten sehr vorsichtig. Aber auch in Europa versuchen immer mehr Unternehmen, die Kommunikation zu bestimmen, von einer Art "Gegenjournalismus" war gegenüber #doublecheck die Rede. Gleichzeitig nehmen Unternehmen die Kommunikation zunehmend selbst in die Hand und gründen ihre eigenen Newsrooms. Der Journalismus ist quasi nur noch eine Draufgabe in der Öffentlichkeitsarbeit. Vor dem Hintergrund, dass es immer mehr PR-Experten und immer weniger Journalisten gibt, wird die Herausforderung für den Journalismus immer größer. 24:55

<< zurück | < zur Übersicht



QSL Collection - Dokumentationsarchiv Funk

Martin Thaller IT Dienstleistungen

Sponsor CMS

Martin Thaller IT Dienstleistungen