Deutsche Amateurfunk-Geschichte, Folgen 60-63


(63) Die DIG Diplom Interessen Gemeinschaft 1969-2009

(63) Die DIG Diplom Interessen Gemeinschaft 1969-2009zoomDie bereits eingangs unmissverständliche und einseitige Kooperationsbereitschaft mit dem DARC demonstriert, dass man sich nicht der zur Zeit grassierenden Abspaltbewegungen anschließt, den DARC als die nationale Repräsentanz des Amateurfunks anerkennt, aber dennoch innerhalb der gesetzten Zeile frei und unbeeinflusst tätig sein will. Aus heutiger Sicht erklärungsbedürftig ist der Hinweis auf den AHC. Der Award Hunters Club war eine international tätige und höchst angesehene Einrichtung, umsichtig betreut vom Sekretär Veikko Velamo, OH2YV.[2] Noch viele Jahre regt die DIG ihre Mitglieder an, auch eine AHC-Mitglied zu werden, denn das setzt eine große Leistung voraus: Man muss mindestens 25 Diplome aus einer relativ kleinen Auswahl erworben haben.
„(2“) Die DIG spezialisiert sich darauf, besonders Informationen über Amateurfunk-Diplome weiterzugeben. Dies geschieht in regelmäßigen DIG-Runden auf den Amateurfunk-Bändern und in DIG-Rundbriefen, die in zwangloser Folge an die Mitglieder der DIG verschickt werden. Ziele der DIG sind weiterhin, die Aktivität auf den Amateurfunk-Bändern durch Stiftung guter Diplome zu fördern und die DIG-Mitglieder zu einer guten und schnellen Betriebstechnik zu bringen. … Die DIG arbeitet mit allen Amateur-Radio-Clubs zusammen, die die ungeschriebenen Gesetze des ‚HAM-Spirits’ beachten!“
Die wesentlichen Aktivitäten der DIG werden hier so beschrieben, wie sie sinngemäß aus der CHC-Zeit übernommen und im Laufe der Jahre nur jeweils adaptiert wurden. Von Anfang an ist die wöchentliche SSB-Runde am Donnerstag ab 18:00 UTC auf der „DIG-Frequenz“ 3.777MHz der wichtigste Treffpunkt, sehr bald mit regelmäßig mehr als 200 Teilnehmern. (Die Jahre später spontan geäußerte Einladung, alle Zuhörer mögen eine Postkarte oder einen SWL-Bericht schicken, wurde mit fast 450 Zuschriften beantwortet.) Vorübergehend wechselt man auf 3.677MHz, kehrt aber nach Inkrafttreten der neuen Amateurfunkbestimmungen am 1. Mai 1998 wieder auf die alte Hausfrequenz zurück – und der DIG-Gruß „77“ in Anspielung darauf gehört bis heute zum Erkennungszeichen aller DIGer, obwohl sich die Runde nun auf 3.755 trifft.
Die DIG-Rundbriefe erscheinen zunächst als Typoskript, vervielfältigt auf der verbandseigenen Abziehmaschine. Ab Mai 1975 wird der Rundbrief mit Titelbild gedruckt.
Von Anfang an sind das W-DIG-M (Worked DIG Members) und mehr noch die DIG-Plakette und die DIG-Trophy die größten Anreize für die Aktivität der DIGer. Unerlässlich ist daher die Herausgabe einer Mitgliederliste. Die ersten Listen stellt der DIG-Sekretär Eberhard Warnecke, DJ8OT, nach Feierabend im Handsatz für den Buchdruck zusammen. Durch Zusatzziffern ausgewiesen wird die Mitgliedschaft in zehn weiteren bekannten Klubs und Organisationen. Mit drei oder vier Seiten findet man aber bald nicht mehr das Auslangen. Zum Glück hält der Computer mittlerweile Einzug in den Alltag. Von 1976 bis 1980, anfangs noch mit Lochkarten, bereitet Peter Raichle, DJ6XV, die Printvorlagen für den Offsetdruck her. Zu jedem Rundbrief gehört eine Diplom-Beilage. Redakteur der ersten Stunde ist Günther Nierbauer, DJ2XP (später wird er Herausgeber des Neunkirchener Funkbriefs). Zu der Zeit ist dies das einzige verlässliche Nachschlagewerk in deutscher Sprache über Amateurfunkdiplome. Ein Blick ins Archiv zeigt auch hier die rasante technische Entwicklung, die es erst ermöglichte, das Werk weiterzuführen – unverkennbar auf rosa Papier: Anfangs werden alle Seiten mit tiefschwarzem Karbonband getippt und in Offset abgezogen. Eberhard stellt die Übersetzungen bei – DIG-Prinzip: Alle Unterlagen werden ausschließlich in deutscher Sprache publiziert. Die Seiten 191-233, bis 1976, gestaltet Elsa Vennekohl, DK7OR, auf diese Weise, die Seiten 235-388 entstehen dank einer damals revolutionären IBM-Composer-Schreibmaschine, die Marie-Luise Keusch, DL5KV, zur Verfügung stellt.
Beinahe naiv erscheint im Rückblick die Forderung nach „guten“ Diplomen, wird aber verständlich, wenn man sich der primitiven, nur aufs Abzocken bedachten CHC-Blätter erinnert und an die Schwemme gut gemeinter, jedoch häufig dilettantisch produzierter Diplome. In diese Zeit fällt auch der Versuch, verbindliche Kriterien zu erarbeiten: Aufgrund einer Aufforderung der IARU an ihre Mitgliedsverbände wird auf der DARC-Hauptversammlung im April 1977in Karlsruhe ein neu gewählte Diplomausschuss
(DJ2MG, DJ8OT, DL9AR) beauftragt, Diplom-Richtlinien auszuarbeiten, nach denen in Zukunft Diplome durch den DARC-Amateurrat anerkannt werden. Diese Richtlinien werden im Herbst bei der DARC-HV in Baunatal beschlossen [3] und erst im November 1986 durch Beschluss des DARC-Amateurrats ergänzt. Da ist die DIG längst in die Kontrolle und Regulierung einbezogen, und die Regeln werden erst 1999-2001 erneut an die aktuellen Erfordernisse angepasst. Offiziell ausgeschrieben und von der IARU anerkannt, werden alle Diplome und Auszeichnungen in vier Gruppen eingeteilt: Offizielle Diplome der IARU-Verbände selbst; von diesen anerkannte Diplome von Untergliederungen; andere Diplome, die weder offiziell anerkannt noch in den Publikationen der IARU-Verbände ausgeschrieben werden; und Jubiläums-Diplome, die höchstens zwei Jahre laufen und auch offiziell anerkannt werden können.[4]

DIG-Prinzip: Unaufgeregte Kontinuität
Nicht nur der vage Hinweis auf die ungeschriebenen Gesetze des HAM-Spirits sorgt für einiges Unbehagen. Da bereits bei der Gründung auch ausländische Amateure Mitglieder werden und sich die DIG grundsätzlich als internationale Gruppierung ansieht (was sich später auch durch die Gründung der DIG-Sektionen manifestiert), bedarf es einer klarer Regelung. Ursprünglich lautet die einschlägige Bestimmung der Satzungen:
„(3) Mitglieder der DIG können alle lizenzierten Funkamateure und SWLs werden, die die DIG-Regeln erfüllen.“
Auf dem 2. DIG-Treffen, 1970 in Kempen, kommt es nach langer Diskussion zu einer Kampfabstimmung, die aber wider Erwarten mit einem einstimmigen Beschluss endet:
„(3) Mitglieder der DIG können werden: (a) alle lizenzierten deutschen Funkamateure und SWLs, die Mitglied des DARC oder seiner korporativen Verbände sind, (b) alle ausländischen lizenzierten Funkamateure und SWLs, die Mitglieder ihres nationalen Amateur-Radio-Clubs sind.“[5]
Die Gleichstellung von Lizenzierten und Hörern ist ein unüberhörbares Signal, ist sie doch in der damaligen Praxis allenfalls Lippenbekenntnis; im Alltag hält sich unverbrüchlich das Vorurteil, ein SWL sei entweder zu dumm oder zu faul, zur Prüfung anzutreten, bestenfalls akzeptiert man ihn als ein im Vorzimmer strebend auf die Aufnahme in die wahre Gemeinschaft wartenden Kandidaten. Zugleich sichert die neue Regelung des §3, dass jedes DIG-Mitglied einer offiziellen QSL-Vermittlung angeschlossen ist („100% QSL“ wird DIG-Selbstverpflichtung) und die Ideale des Amateurfunks – wie sie vage im §2 formuliert sind – durch die nationalen IARU-Verbände vertreten werden.
Auf der DIG-Vorstandssitzung 1978 in Bad Bentheim werden geringe Änderungen in die Satzung eingefügt, die durch die Bildung des DIG-Rates notwendig wurden. 1983 wird die Satzung letztmalig redaktionell überarbeitet und ergänzt und ist danach nicht mehr geändert worden.
Überhaupt ist Kontinuität ein Wesensmerkmal der DIG. Dies wird auch durch die Persönlichkeiten im Vorstand belegt. Noch am Gründungstag wird der erste Vorstand gewählt: 1. Vorsitzender ist Paul Kleinholz, DL9KP, 2. Vorsitzender Hans-Christian Schütt, DL9XN, DIG-Sekretär Eberhard Warnecke, DJ8OT, und und DIG-Diplommanager Karl-Heinz Kümmerle, DL2JB . Schon bei der Gründung wird festgelegt, dass der gewählte Vorstand für bestimmte Aufgaben weitere Mitglieder berufen kann, ohne dass diese erst durch weitere Gremien und Wahlen nominiert werden müssen. Man will erreichen, dass alles Erforderliche stets unverzüglich erledigt werden kann. Das Viererteam wird bis 1975 mehrfach wiedergewählt und mit den Jahren unterstützt, bedingt durch die wachsende Mitgliederzahl, durch vier weitere Vorstandsmitglieder: Rudolf Herpich, DL3IX, besorgt die Diplomauskunft; Anton Kohten, DK5JA, betreut die DIG-Sektion SWL; Klaus Koppmann, DC8YZ(DF7PS) übernimmt die Sektion UKW; Rudolf Knobloch, DJ3HJ, wird Kontest-Manager. Da Paul Kleinholz, DL9KP, durch viele Auslandsreisen an der regelmäßigen Präsenz verhindert ist und die Aufgaben stetig zunehmen, werden im Juni 1975 beim DIG-Treffen Vorstand und Mitarbeiter neu aufgestellt. 1. Vorsitzender ist nun Hans-Peter Günther, DL9XW; es gibt jetzt mit Hans Pollak, DJ0VZ, einen Beisitzer. Ernst Baumann, DJ8OI, löst Rudolf Herpich bei der Diplomauskunft ab. Neu hinzu kommen: Rupert Mohr, DL3NO, für die Sektion RTTY, Klaus Kleine, DJ1XP, für die DX-Runde, Gerd Jarosch, DL3CM, für die CW-Runde und Walter Hymmen, DL8JS, für den QSL-Adressendienst. – Ein kleiner Sprung zum zehnten Geburtstag der DIG: 1979 finden wir den Vorstand fast unverändert wieder. Hans Pollak, DJ0VZ ist nun 2. Vorsitzender; Walter Hymmen, DL8JS, hat neben dem Adressendienst nun auch die Rolle des 3. Vorsitzenden übernommen; Ulla Hymmen, DF6QP, ist Kassierer (damals gilt noch generell die männliche Form). – Wieder ein Sprung um zehn Jahre: 1989 ist Wolfgang Landgraf, DL9HC, 1. Vorsitzender, an 2. und 3. Stelle finden wir weiterhin Hans Pollak, DJ0VZ, und Walter Hymmen, DL8JS – und so bleibt das auch 1999 und 2009, jeweils unverändert mit Eberhard Warnecke, DJ8OT, als DIG-Sekretär. Änderungen gibt es, verständlicher Weise, bei den Fachreferenten und Referaten.

Das Diplom-Programm entsteht
Im Frühjahr 1970 legen der DIG-Vorstand und einige Mitglieder in Weinheim an der Bergstraße die ersten Diplombedingungen fest. Einige Ausschreibungen werden vom CHC-Diplomprogramm übernommen und neu gestaltet. Paul Kleinholz, DL9KP, finanziert den Druck; aus Kostengründen verwendet man so viele bereits vorhandene Klischees und Vorlagen wie möglich.
Aus dem WAE-CHC für europäische Präfixe wird das EU-PX-A, was den DARC freut, da ihn die Verwendung „seiner“ Abkürzung WAE (Worked All Europe) schon immer gestört hatte. Auch das WGLC (Worked German Large Cities) wird vom CHC übernommen, ber zunächst als WGLC-UKW, um einen Anreiz für die neuen C-Lizenzinhaber zu geben. Später gibt es das WGLC mit UKW-Sticker. Aus dem WGD (Worked German Districts) wird das 1000000, wobei auch DDR-Bezirke anerkannt werden. Durch die Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen wird das Diplom hinfällig und am 3. Oktober 1990 zum Germany Award umgestaltet.
Neu entwickelt wird das TMA (Two Modes Award), eine Erfindung von Werner Katte, DJ4OP, dem ersten Diplommanager. Es geht darum, fünfzig Länder sowohl in Telefonie wie in Telegrafie zu arbeiten. Neu ist auch das WDXS (Worked DC Stations), von DL9KP erfunden und nach wie vor eines der schwierigsten Leistungsdiplome. Für die höchste Klasse sind 2000 verschiedene DX-Stationen nachzuweisen, davon hundert auf 40 Meter und zwanzig auf 80 Meter. Für jeden DIGer ist aber sozusagen Ehrensache, zumindest die „eigenen“ Diplome zu erwerben, etwa das DIG77 (für 77 Kontakte mit DIG-Mitgliedern) oder das W-DIG-M (Worked DIG Members) und vielleicht sogar die DIG-Trophy zu schaffen, eine 14cm hohe und 400 Gramm schwere grün patinierte Schale aus Messingguss. Anfangs muss man eine gewisse Prozentzahl von DIG-Mitgliedern arbeiten, heute gilt die Bedingung, dass 500 DIG-Mitgliederpunkte und der Besitz von mindestens vier DIG-Diplomen erforderlich sind. Neben der Trophy sind die UKW- und CW-Plaketten höchst begehrt, eingeführt auf dem DIG-Vorstandstreffen 1972 in Camberg, bei dem auch nach heißer Diskussion beschlossen wird, dass man die Trophy nur einmal beantragen kann. Nur wenigen besonders Eifrigen steht die Trophy 1000 zu, die höchste aller zu überwindenden Hürden: Voraussetzung ist der Besitz sämtlicher DIG-Diplome in der höchten Klasse, der Trophy und der beiden Plaketten und der Nachweis von Kontakten mit 1.000 DIG-Mitgliedern.
Im Laufe der Jahre folgen weitere offizielle Diplome – Beispiel: der IAPA (International Airport Award), aber auch Kurzzeit- und Anlassdiplome wie das actio 40, im Frühjahr 1977 entwickelt zur Belebung des 40m-Bandes, das DIG-30 (1999: 30 Jahre DIG) usw. Die gesamte Aufstellung der des derzeit geltenden Angebots findet man im Internet.[6]

Immer neue Aktivitäten

Ralf Herzer, DL7DO, ist mit Leib und Seele Telegrafist. Er wirbt unermüdlich für die Einführung einer DIG-CW-Runde. Am 1. Januar 1972 erfolgt der Start, jeden Mittwoch ab 18:00 UTC auf 3.555. Ralfs Nachfolger wird Gerhard Jarosch, DL3CM, der die CW-Meisterschaft initiiert, die später an den HSV und an die AGCW-DL abgegeben wird. Es ist nur logisch, dass bald darauf die DIG-Sektion CW entsteht, ebenfalls geleitet von DL3CM. Die DIG-QSO-Party, eine Idee von Rudolf Knobloch, DJ3HJ, der auch den ersten Wanderpokal stiftet, die Kurzzeit- und Jubiläums-Konteste (mittlerweile reduziert auf den Frühjahrs- und Herbst-Test) halten die aktiven Mitglieder bis heute auf Trab.
Der persönlichen Begegnung dienen die DIG-Treffen, die seit dem Start 1969 in Kempen zumindest jährlich einmal stattfinden, häufig in Kombination mit anderen Veranstaltungen (ab 1970 und bis 2009 z.B. mit den DNAT (Deutsch-Niederländischen Amateurfunkertagen) in Bad Bentheim.
Man trifft sich nicht nur in Deutschland (1971: Berlin, 1972: Wolfsburg, 1973: Lahr usw.) sondern mit zunehmender Internationalität auch im Ausland (1973: Wien, 1984: Amsterdam, 1996: St. Petersburg usw.)
Die DIG wird immer internationaler. Genau neun Jahre nach der Gründung, am 10. Oktober 1969 in Kempen am Niedrrhein, beschließt und bestätigt der Vorstand die Gründung der DIG-Sektion OE, mit Leopold Schimak, OE1SW, als ersten Sektionsleiter. In Almere wird bei einer eigens einberufenen Versammlung am 29. Januar 1984 die DIG-Sektion PA gegründet, mit Ger Lenheer, PA0OI als Leiter. Auf der Ham Radio in Friedrichshafen hebt man am 5. Juli 1986 die DIG-Sektion HB aus der Taufe, betreut von Nick Zinstag, HB9DZZ. Die DIG-Sektion OK folgt am 14. Oktober 1990 in Podborany, in Nordböhmen, und wählt Zdenek Riha, OK1AR. – Noch ein Jahr zuvor wäre der Gedanke an eine solche Idee als utopisch abgetan worden. Die politischen Umwälzungen der neunziger Jahre führen nicht nur zu einem bislang ungeahnten Mitgliederzuwachs, es folgen auch Anträge zur Gründung neuer Sektionen. Letzter Stand: DIG-Sektion SP, Augustyn Wawrzynek, SP6BOW; DIG-Sektion UR, Igor Mokhov, UY5AA; DIG-Sektion R, Aly Kuisokov, UA6YW.
Im Sommer 2009 zählt die DIG an die 6.300 Mitglieder, die Diplom-Beilage hält bei Seite 1892.



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