Amateurfunkgeschichte Deutschland, Folgen 34 und 35


(35) Amateurfunk im Fernsehen der Sechzigerjahre

1961: "Der Funkamateur" - ein TV-Ärgernis

(35) Amateurfunk im Fernsehen der SechzigerjahreDie Handlung: Unter dem Rufzeichen „DL-Tommi-Stuttgart“ verkehrt der gute Mann in bestem Gegensprechbetrieb per Konsultation seiner Adressenkartei mit Japan, Malaysia, Jugoslawien und Stuttgart, oft ohne ein Wort zu verstehen, er tauscht Slibowitz gegen Bier, lässt über Dritte Rote Grütze via Luftpost verschicken und spielt drahtlos Schach, Karten- und Würfelspiele. Als endlich die ersehnte Sensation in Form eines Notrufs kommt – „Mayday, Mayday!“ -, kann er den zunächst nicht entziffern und findet vor Aufregung auch keinen Bleistift, um die Durchsage zu notieren. Zudem bedrohen ihn durch den Funkbetrieb gestörte Nachbarn, hindert ihn die durchbrennende Wohnungssicherung und springen glühende Senderöhren aus dem brennend berstenden Sender. Von der Polizei, die ihm neue Senderöhren bringt, damit er die Verbindung mit der rufenden Station wieder aufnehmen kann, erfährt er, dass sein japanischer Funkfreund ohnedies bereits die Küstenfunkstelle alarmiert habe und die Besatzung des Yacht mittlerweile gerettet werden konnte. Also kann sich DL-Tommi-Stuttgart wieder seelenruhig seinen Ätherplaudereien und dem Funkschach widmen – da kommt ein neuer Notruf! Unsicher geworden, tritt er dessen Beantwortung seinem Vetter DLX8 in Stuttgart-Degerloch ab, womit schlussendlich die Rettungs-Medaille in der Familie bleibt.
Herbert Picolin, DL3NE, der 1. Vorsitzende des DARC, hatte die Sendung gesehen und sofort ein Telegramm an den SDR geschickt, dessen Inhalt unmittelbar nach der Ausstrahlung von der Ansagerin verlesen wurde, und in dem „Herrn Thomalla die Ehrenmitgliedschaft im DARC e.V. verliehen wird, damit er Technik und Betrieb des Amateurfunks richtig lernen kann.“[4]
Während einige Zeitungsrezensenten Thomalla die spritzige Darstellung liebenswerter menschlicher Schwächen bescheinigten, lief bei der DARC-Geschäftsstelle noch tagelang das Telefon heiß. Die „Frankfurter Abendpost“ widmete dem Vorfall sogar einen Kommentar, in dem eine Presseaussendung des DARC zitiert wird:
„Die deutschen Funkamateure sind böse auf das Deutsche Fernsehen, insbesonders auf den Südfunk Stuttgart. Ihr Unwillen richtet sich gegen Georg Thomallas Parodie eines Funkamateurs in der von BBC in London übernommenen Serienproduktion ‚Komische Geschichten’, die am Freitagabend im 1. Programm zu sehen war. Die Funkamateure empfinden diese Sendung als eine ‚skrupellose Beleidigung ihrer Ideale.’
Dass die ganze Geschichte ein technischer Nonsens war, stört die Leute nicht, deren Hobby der Amateurfunk ist. Aber sie finden es charakterlos, den Funkamateur als einen Menschen darzustellen, der ‚darauf giert, dass andere Menschen in Not geraten, um dann einzugreifen und dafür eine Medaille zu erhalten.’ Die Funkamateure verwahren sich schließlich gegen die Behauptung, sie hätten Georg Thomalla telegraphisch während dieser Sendung zum Ehrenmitglied ernannt.
Der Fernsehdirektor des Süddeutschen Rundfunks, Horst Jaedicke, erklärte auf Anfrage der Abendpost, das zitierte Telegramm liege dem Sender vor. Der Vorwurf der Funkamateure, man habe in dieser Sendung mit einem in Todesnot schwebenden Menschen makabre Späße getrieben, versuchte der Fernsehdirektor mit dem Hinweis zu entkräften, der Mann sei ja schließlich gerettet worden. Damit sei die ganze Geschichte wieder im Lot. Er musste zugleich aber zugeben, dass noch am Freitagabend mehrere Anrufe beim Sender einliefen, die gegen die die Art und Weise protestierten, wie man über die ehrenamtlichen Hilfsdienste der Funkamateure herzog. Unter anderem beschwerte sich ein Hamburger Kapitän darüber, dass man mit dem Seenotruf seine Späße treibe.
Zugegeben, es ist hierzulande mit dem Humor so eine Sache. Über andere lacht man gerne, nur nicht über sich selbst. Aber wenn man schon glossiert, dann mit Charme und Witz. Und es gibt bestimmt Berufsschichten oder Steckenpferde, die eine Parodie mehr lohnen, als ausgerechnet die Funkamateure die auf eigene Kosten schon vielen Menschen geholfen haben.“[5]



<< zurück | < zur Übersicht



QSL Collection - Dokumentationsarchiv Funk

Exclusive Media System Service

Sponsor - Netzwerkadmini...

Exclusive Media System Service