19 - Exkurs - Amateurfunk in der Schweiz 1938-1945


In Bearbeitung

SPOT - Amateurfunk in der Schweiz 1938-1945



19A Allgemeines Sendeverbot

Der Kriegsausbruch im September 1939 hatte zur Folge, dass nicht nur in den kriegsführenden Ländern sondern auch in den meisten anderen Staaten der Amateurfunk-Sendedienst untersagt oder zumindest stark eingeschränkt wurde.Die Schweiz machte da keine Ausnahme. Die Ausgangsposition unterschied sich allerdings von jener in den Nachbarländern. Ganz offiziell hatte die USKA (Union Schweizerischer Kurwellen-Amateure) schon Jahre zuvor Verbindung mit den Stabsstellen der Armee aufgenommen, um zum Dienst einberufenen Funkamateuren eine adäquate Verwendung zu sichern. Der Erfolg blieb nicht aus. Hans Büchler, HB9AA, seit zwei Jahren USKA-Präsident kündigte Anfang 1939 "gewissermassen als Neujahrsgeschenk ... an, dass sowohl die Abt. für Genie als auch die Abt. Fl.&Flab des EMD den Fähigkeitsausweis der USKA für HB9R's anerkennen und dass sie den Ausweisungsoffizieren Weisung erteilt hätten, dass Stellungspflichtige nach Vorweisung des USKA-Fähigkeitsausweises zu den Funkern der Genie oder der Flieger zugeteilt werden könnten."01
(Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass in Deutschland eine vergleichbare Maßnahme seitens des DASD erst gegen Kriegsende erfolgte, die berühmt-berüchtigte "Fragebogen-Aktion", die etwa 3.000 Amateure erfasste und zur Folge hatte, dass sie zur Ausübung einer mit dem Funk verbundenen Tätigkeit zur Waffen-SS einberufen wurden.)

Am 28. August 1939 beschloss der Bundesrat in Bern in Anbetracht der drohenden Kriegsgefahr die Mobilmachung des Grenzschutzes. Die Mobilmachung der gesamten Armee wurde auf den 2. September festgesetzt. Ein allgemeines Sendeverbot wurde erlassen und die PTT beauftragt, die Amateursender einzuziehen - Pech für die fünfzehn OMs, die in diesem Jahr noch lizenziert worden waren; der letzte war HB9DZ, F. Roder (Empfänger-Rufzeichen HB9RMD) in Bern. Die Anlagen wurden zunächst bei den Telefondirektionen eingelagert. Auf Anregung der USKA verfügte der Telegrafenchef der Armee die zentrale Einlagerung an einem bewachten Standort in Seelisberg, wo die Sender schön geordnet aufgestellt wurde - was sich 1945 als äußerst nützlich erweisen sollte. Zum Stichtag 2. September standen mehr als neunzig Prozent aller konzessionierten HB9-Sende- und Empfangsamateure unter den Waffen.Im Dezember 1939 erschien nochmals ein "Old Man". Präsident Büchler, nun Kommandant der Fl.B.Gruppe 11, schrieb "aus dem Feld": "Die USKA muss stark bleiben und ihre Beziehungen internationaler Natur aufrecht erhalten, denn es gilt, sofort nach Friedensschluss unsere heiss umstrittenen Amateurfunkbänder mit der gleichen Energie zu verteidigen, wie wir es bis jetzt getan haben. Für den Moment aber gehören wir mit Leib und Leben unserem schönen Land."02
Schöne Worte, denen kaum Taten folgten. Die USKA verfiel in einen Dornröschenschlaf. Im Mai 1941 erschien noch einmal eine Ausgabe des "Old Man", die nächste erst im Dezember 1942, diesmal als Initiative der Ortsgruppe Zürich, die sich an einer Radioausstellung beteiligt hatte und darüber Bericht erstattete. Dies brachte den Umschwung; im April 1943 meldete ein weiteres Heft, dass 152 Amateure ihren Mitgliedsbeitrag entrichtet hätten. Im Dezember 1943 brachte der "Old Man" die Bauanleitung des beliebten KW-Empfängers DX-4 von F. A. Bech, HB9CE. Diesen zögernden Neuansätzen stemmte sich allerdings der immer noch amtierende Präsident Hans Büchler, HB9AA entgegen. Er verharrte auf seinem Standpunkt, zuerst müsse man das Kriegsende abwarten und dann neu beginnen. Es kam zu einem internen Putsch. Da mittlerweile mit Ausnahme eines einzigen Vorstandsmitglieds (USKA-Sekretär W. Frey, HB9AC) alle anderen der Funkkompanie 7 angehörten, gelang es mühelos, am 18. Januar 1944 bei einer Außerordentlichen Generalversammlung in Bern die Ablöse durchzusetzen und einen Kriegsvorstand zu etablieren, an dessen Spitze Dr. Robert Stämpfli, HB9AD stand.03




19B Vorbereitung für den Neubeginn

Am 24. September 1944 fand eine Delegiertenversammlung in Bern statt. Es wurden insbesondere Zukunftsprobleme der USKA besprochen. Man war sich einig, dass ohne Zutun der USKA nach dem Krieg kaum eine Behörde von sich aus die Zuteilung von Frequenzbändern an Sendeamateure vornehmen werde. Da aber die Amateursender bei der Entwicklung des zivilen und militärischen Funkwesens eine maßgebende Rolle gespielt hatten, komme ihnen nach dem Krieg ein Anteil am Frequenzspektrum zu.04
Um diese Position zu erhärten und sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, veranstaltete man mit größtmöglichem Aufwand und propagandistischem Einsatz eine Serie gesamtschweizerischer Empfangsübungen, zu denen zwischen 17 und 56 Logs abgegeben wurden.05
Nachdem die Feindseligkeiten in Europa am 8. Mai 1945 endlich zum Stillstand kamen, schrieb Präsident Stämpfli, HB9AD: "Unsere Herzen schlagen wohl seit der Verkündigung des Kriegsendes in Europa etwas unruhiger, weil die Entscheidung der Behörden über unser Sein oder Nichtsein täglich näher rückt. Aber um Geduld müssen wir jeden OM bitten. Es wird Verhandlungen brauchen, Hoffnungen und Enttäuschungen werden sich ablösen - kurz auch hier ist der Kampf noch nicht zu Ende. Allen denjenigen, die nicht darauf warten können, möchten wir einschärfen, dass nur eine disziplinierte Haltung der USKA unserem Ziel gerecht werden kann."06
In Hinblick auf die Waffenruhe in Europa konnte die 7. Verkehrsübung vom 27. Juni 1945 bereits als Sende- und Empfangstest durchgeführt werden, da per Spezialbewilligung dreißig Sender aus dem Materialmagazin in Seelisberg betriebsbereit (!) an ihre Eigentümer zurückgegeben wurden. Die Rufzeichen waren HB7FA bis HB7GD, gearbeitet wurde jeweils zwei Stunden auf 80 und 40m. An der 8. (und letzten) Verkehrsübung vom 30. September 1945 waren zehn Stationen eingesetzt, die Rufzeichen reichten nun bis HB7FT.



19C "Open air!"

So lautete, nicht eben in purem Schweizerdeutsch, der Titel des Editorials im "Old Man" vom Dezember 1945. Am 26. November war völlig überraschend die Erneuerung der Sendelizenzen und die Freigabe aller Amateurbänder durch die PTT veranlasst worden. Das Rufzeichen HB9 war wieder legal zu hören. Der Vorstand triumphierte:
"Die meisten HB9s werden inzwischen ihre Konzessionen bereits erhalten haben. Der Sendebetrieb hat begonnen und die CQs durcheilen wieder den Äther als Künder des Friedens. Wir können uns glücklich schätzen, als Erste in Europa wieder die unbeschränkte Sendeerlaubnis erhalten zu haben und fühlen uns deshalb auch verpflichtet, unserer Behörde von der PTT für die wirklich speditive und zuvorkommende Erledigung unserer Eingabe hier unseren Dank auszusprechen. 1945, das letzte Jahr eines furchtbaren Geschehens, geht seinem Ende entgegen. Hoffen wir, dass das Neue Jahr den Wendepunkt für eine bessere Zeit bringen werde."07




19D Geheimer Funkbetrieb

Überraschenden Besuch bekamen 1940/41 einige pensionierte Telegrafisten der PTT und der SBB, aber auch andere am Funk Interessierte - aber keine registrierten SWLs und Lizenzierte - von einem Herrn in Zivil, der sich als "Major Hagen von der Schweizerarmee" vorstellte und erklärte, nach genauer Überprüfung des Kandidaten halte man ihn für den geeigneten Mann für eine besondere Aufgabe. Sie bestehe darin, im Wohnhaus des Angesprochenen eine unsichtbare Sendeantenne zu errichten. Danach würde getarnt ein Funkgerät beigestellt werden, mit dessen Hilfe mit dem Armeekommando 41 in Réduit Verbindung aufgenommen werden könne. Solange die Schweiz nicht in Kampfhandlungen verwickelt sei, werde es sich lediglich um Übungen handeln. Nach Ende des Krieges bekäme man die Station geschenkt und ein Amateurrufzeichen zugeteilt. In der Folge trafen per Post in einem unauffälligen Briefumschlag die zu übermittelnden Texte ein und wurden, jeweils nach telefonischer Benachrichtigung, auf 40m durchgegeben. Die Sender waren als französische Wetterstationen ("Metéo" plus ein Buchstabe) getarnt. Mit Kriegsende im Mai 1945 kam der kurze schriftliche Befehl, die Funkstation abzubauen und fertig verpackt mit allen Apparaten und schriftlichen Unterlagen nach Bern zu schicken. Von "Major Hagen" bekam keiner der Betroffenen jemals wieder etwas zu hören.
Vermutlich handelte es sich hierbei um das Agenten-Projekt der ANW (Aktion Nationaler Widerstand): 1940 war Fritz Frey HB9DO mit der Entwicklung des KW-Agentensenders 105g für Netz- und Batteriebetrieb beauftragt wurden. Er baute 21 Geräte, die an mehreren Orten aufgestellt wurden. Weil keine KW-Empfänger abgegeben werden konnten, blieb es bei einem Blind-Sendenetz. "Major Hagen" war in Wirklichkeit Richard Hagen, ein technischer Beamter der Sektion Verkehrstruppen.08



Fußnoten

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Quellen- und Bildnachweis

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